Müllverbrennungsanlagen - ein Risiko?
Die Müllverbrennungsanlagen (MVA) sind chaotische chemische Syntheseanlagen. So wie der Zigarettenrauch viel giftiger ist als der Zigarettenatabak, so sind die verbrennungsprodukte des Mülls - Schlacken, Filterstäube, Kondensate, Abgase - viel toxischer als die ursprünglichen Abfälle. Der Grund sind die unübersehbaren und unkontrollierbaren Radikal- und Radikalkettenreaktionen, mehr als 10(26) - 10(28) pro Sekunde, die Tag und Nacht der thermischen Dissoziation des Abfalls bei unvollständiger Verbrennung folgen.
Chronische und kumulative Toxizität entsteht vor allem durch die Emission zweier sehr umweltstabiler Giftgruppen: den halogenierten (mit Chlor, Fluor, Brom substituierten) Kohlenwasserstoffen, z.B. halogenierte Dioxine, und den flüchtigen Metallen sowie metallorganischen Substanzen.
Diese Langzeitgifte sind fettlöslich/lipophil und reichern sich besonders in den Informationssystemen unseres Körpers an: Haut, Immunzellen, Hormonsystem. Die stetige Zunahme der Allergien, Tumoren und Leukämien, Fertilitätsstörungen und nervlicher Irritationssysteme muss alarmieren.
Der einzige Ausweg ist der industriepolitische Entschluss zu einem generellen Kunststoffrecycling. Es ist gefährlich, weiterhin MVA zu bevorzugen, obwohl gangbare Recyclingverfahren - auf der Basis einer preiswerten, umweltfreundlichen Kältetechnik und innovativer Mahl/Sortiertechnik - vorgeschlagen sind.
H. Rosin, Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf
Ein noch immer spannender Titel, wenngleich der Zenith des MVA-Themas vor etwa 15 Jahren erreicht wurde.
Doch der aufmerksame Leser wird entäuscht: wenige Fakten (oftmals mit sehr alten Literaturquellen belegt, teilweise sachlich falsch), viele aneinander gereihte Behauptungen und viel Polemik.
Konkret: Der hauptsächlich in einer MVA ablaufende Prozess ist die Verbrennung von Kohlenstoffverbindungen zu Kohlendioxid, dabei wird Wärme frei. Das wird an keiner Stelle des Artikels so deutlich gesagt. Stattdessen wird das Hauptaugenmerk auf Nebenreaktionen gelegt, die bei jedem Verbrennungsprozess ablaufen, auch in der Natur! Wieviel an (meist unerwünschten) Nebenprodukten dabei anfällt, hängt davon ab, wie der Verbrennungsprozess geführt wird, wie hoch der Sauerstoffüberschuss ist. Die glimmende bzw. glühende Zigarette als vom Autor gewähltes Beispiel macht das deutlich.
Unverständlich bleibt der in mehrfachen Variationen angeführte Satz von den "nicht verschwindenden Atomen" (Zitat: "Auch wer Müll durch Verbrennung 'beseitigen' will, beseitigt kein einziges Müllatom. Er kombiniert die Müllatome nur auf sehr problematische Art und Weise neu.")
Von der unglücklichen Formulierung der nicht existierenden "Müllatome" abgesehen, wird hier suggeriert, es gäbe Wege, Atome "verschwinden zu lassen". Das klappt jedoch nur in nuklearchemischen Prozessen und dann auch nur in sehr geringem Ausmaß.
Auch in Verbrennungsprozessen gelten Stoffbilanzen. So gesehen handelt es sich bei der Müllverbrennung um ein "Aufkonzentrieren" umweltschädlicher Stoffe (Blei, Cadmium, Quecksilber usw), die im voluminösen Müll in geringer Konzentration vorliegen, in Form von Schlacken und Filterstäuben, deren Lagerung besser kontrollierbar ist.
Der kritisch lesende Umweltmediziner stolpert dann sicherlich über Aufzählungen von Krankheiten, bei denen der Autor zumindest indirekt einen Zusammenhang mit der Müllverbrennung nahelegt: Zunahme von Allergien, bösartigen Tumoren und Leukämien, später kommen hormonähnliche Wirkungen auf das menschliche Reproduktionssystem dazu. Leider werden die bisher bekannten, wahrscheinlich viel bedeutsameren Ursachen für diese Erkrankungen nicht genannt (Beispiel Allergien: Hygiene-Hypothese, Ernährung/Lebensstil im weitesten Sinne uvm).
In umweltpolitischer Hinsicht ist dem Autor in vielfacher Hinsicht zuzustimmen: Müllvermeidung, verstärktes Kunststoffrecycling, keine Mülltransporte in Entwicklungsländer usw.
Schade, dass im Artikel für diese wichtige Botschaft viele naturwissenschaftliche und medizinische Ungereimtheiten bemüht wurden.
Arzneimittel- Therapie-Kritik (Marseille-Verlag) 43 (2011) S. 85 - 96
Veröffentlicht: 16. März 2011 - 0:00 Uhr
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