Zur aktuellen Situation der Abfallwirtschaft
„Den Aspekten der Schonung der Rohstoffreserven und der Abfallvermeidung wird momentan in den meisten Industrieländern nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl sie einen nennenswerten Beitrag für den Klimaschutz leisten könnten.
Abfallvermeidung vermindert nicht nur das Müllaufkommen, sondern auch andere Umweltbelastungen durch die Verringerung der Produktion. Die werkstoffliche Verwertung (Recycling) führt zu erheblichen Einsparungen beim Energie- und Rohstoffverbrauch, verglichen mit der Abfallverbrennung. Die Einsparungen beim Energieverbrauch senken den Ausstoß von Treibhausgasen erheblich.
Die Schadstoffemissionen aus Müllverbrennungsanlagen liegen in Deutschland zwar niedriger als 1990. Allerdings gelten die zulässigen Grenzwerte nur für den Normalbetrieb, nicht z. B. im Fall von Betriebsstörungen oder beim Anfahren der Anlagen. Außerdem werden wichtige Parameter nicht kontinuierlich oder überhaupt nicht messtechnisch erfasst, wie z.B. Feinstaub und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Ein Einfluss von Feinstaub aus Verbrennungsanlagen auf die Gesundheit von Anwohnern konnte nachgewiesen werden. Es ergibt sich, dass unter Umweltgesichtspunkten die Menge an verbrannten Abfällen weitgehend reduziert werden muss.“
Dr. H. Hoffmann vom Arbeitskreis Abfall des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) beklagt in seinem Artikel, dass in der Diskussion um Umweltthemen die Abfallverbrennung kaum noch ein Thema ist, obwohl sich an der Problematik wenig geändert habe (S. 383).
Grundsätzlich verdient der Artikel von Herrn Dr. Hoffmann Zustimmung. So ist es im Sinne der Ressourcenschonung zweckmäßig so wenig Abfall wie möglich zu produzieren. Dazu gehören der von ihm empfohlene An- und Verkauf von gebrauchten Gegenständen, ein überlegtes Einkaufen und eine umweltgerechte Produktgestaltung.
Der Aufsatz bleibt in seiner Argumentation jedoch sehr oberflächlich und teilweise auch falsch. Auf Seite 383 beschreibt Herr Dr. Hoffmann die Einführung des Einwegpfands als erfolgreiches Mittel der Abfallvermeidung. Eine im April 2010 veröffentlichte Studie des Umweltbundesamtes zeigt, dass der Anteil der Mehrwegverpackungen für Wasser und Erfrischungsgetränke seitdem auf unter 50% gesunken ist (Cantner et al. 2010). Vor der Einführung lag die Mehrwegquote bei 72%. Das Einwegpfand hat sich also nachteilig auf das Mehrwegprinzip ausgewirkt.
Zum Zweiten behauptet Dr. Hoffmann, dass im Fall von Betriebsstörungen von Müllverbrennungsanlagen die zulässigen Grenzwerte nicht gelten würden. Grenzwerte sind aber rechtliche Festlegungen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen über Schädlichkeiten von Stoffen und ihren Gemischen sowie der technischen Machbarkeit beruhen. Auch bei Betriebsstörungen dürfen die Grenzwerte nicht überschritten werden.
Es bleibt also festzuhalten, dass wir alle die Menge der zu verbrennenden Abfälle reduzieren müssen. Für den wissenschaftlichen Diskurs und für eine gute Risikokommunikation ist es aber notwendig, sich auf die gegebenen Fakten zu stützen.
Hoffmann H (2010) „Zur aktuellen Situation der Abfallwirtschaft. Vermeidung, Verwertung und Verbrennung unter Umweltschutzgesichtspunkten“. In: Arzneimittel-, Therapie-Kritik. & Medizin und Umwelt. Marseille Verlag. S. 383-390.
Cantner J, Gerstmayr B, Pitschke Th, Tronecker D, Hartleitner B, Kreibe S (2010): Bewertung der Verpackungsverordnung. Evaluierung der Pfandpflicht. Umweltbundesamt.
Veröffentlicht: 10. Dezember 2010 - 0:00 Uhr
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