Kinder und Jugendliche in der CoVid-19-Pandemie: Schulen und Kitas sollen wieder uneingeschränkt geöffnet werden

Fünf medizinische und kinderärztliche Fachgesellschaften - die Dt. Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), die Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Prävention (GHUP), die Dt. Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), die Dt. Akademie für Kinder und Jugendmedizin (DAKJ) und der Berufsverband der Kinder und Jugendärzte in Deutschland (bvkj e.V.) - haben nach einer gemeinsamen Auswertung von 37 weltweit erschienenen Studien zum CoVid-19- Infektionsrisiko bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren in einer Stellungnahme vom 19. Mai 2020 gefordert, Schulen und Kitas wieder uneingeschränkt zu öffnen.
Denn die Infektionsrate und Schwere der Infektion sind bei Kindern gering, dies scheint auch für das Übertragungsrisiko zu gelten. Deshalb haben Schul- und Kita-Schließungen wahrscheinlich nur eine geringe Effektivität auf die weitere Infektionsausbreitung.
Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen wieder einen für ihre Entwicklung angemessenen und notwendigen Lebensalltag zu ermöglichen und ihre meist berufstätigen Eltern in der häuslichen Betreuung zu entlasten.
Die fünf Gesellschaften haben dafür die folgenden Vorschläge vorgelegt:
- Kitas, Kindergärten und Grundschulen sollen möglichst zeitnah wieder eröffnet werden. Dies ist auf Seiten der Kinder ohne massive Einschränkungen durch Kleinstgruppenbildung und Barriereschutzmaßnahmen wie Abstandswahrung und Maskentragen möglich. Entscheidender als die individuelle Gruppengröße ist die Frage der nachhaltigen Konstanz der jeweiligen Gruppe und Vermeidung von Durchmischungen.
- Kinder können in Grundregeln der Hygiene wie Händewaschen und achtsames Hygieneverhalten im Umgang miteinander, beim Essen und in den Sanitäreinrichtungen spielerisch und kindgerecht unterwiesen werden. Dies und die dazu erforderliche, angemessene Ausstattung aller Schultoiletten und Händewaschplätze mit Seifenspendern und Papierhandtüchern hätte nach heutigem Wissensstand langfristig erhebliche positive Auswirkungen auf die Ausbreitung vieler anderer kontagiöser Erreger in solchen Einrichtungen.
- Unabhängig von den bei Kindern und Jugendlichen umgesetzten Präventionsmaßnahmen ist der Schutz des Lehr-, Erziehungs- und Betreuungspersonals ganz entscheidend (Abstandswahrung untereinander, Mund-Nasen-Schutz, situationsabhängige Möglichkeit zur Händedesinfektion, ggf. unterstützt durch regelmäßige Pooltestung).
- Wenn Erwachsene mit signifikant erhöhtem Risiko für einen komplizierten Verlauf bei CoVid-19-Infektion im Haushalt mit Kindergarten- oder Schulkindern leben, sollten individuelle und kreative Lösungen in Eigenverantwortung und in enger Absprache angestrebt werden, die den Kindern den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen trotzdem ermöglichen. Eine entsprechende Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit ist erforderlich.
- Eine Kontaktreduzierung durch Regelungen der Gruppengrößen, der Vermeidung größerer Gruppenbildungen in Pausen, während Bring- und Abholphasen oder in sonstigen Situationen sollte auch Regelungen für den privaten und außerschulischen Bereich umfassen.
- Kinder im Alter über 10 Jahre und Jugendliche bis zum Schulabschluss können aktiver in konkrete Hygieneregeln einbezogen werden. Hier erlauben eine weitgehende Abstandswahrung (1,5 m), das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (solange die Schüler nicht an dem ihnen zugewiesenen Platz sitzen) und die konsequente Erziehung in den Grundregeln der Infektionsprävention größere Spielräume für eine Normalisierung des Unterrichtsbetriebes.
- Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder- und Jugendliche stellen im Gegensatz zu Seniorenheimen per se keine Hochrisikoumgebung dar und können nach individueller ärztlicher Abwägung auch von Kinder und Jugendlichen mit bestimmten Grunderkrankungen aufgesucht werden.
- Kinder und Jugendliche mit V.a. eine SARS-CoV-2 bzw. CoVid-19- Infektion sollen zeitnah untersucht werden, um eine solche Infektion zu sichern oder auszuschließen. Der Nachweis einzelner Infektionen bei Kindern oder Schülern darf nicht automatisch zur erneuten Schließung der gesamten Kita oder Schule führen. Eine Analyse der Infektionskette ist Voraussetzung für ein abgewogenes Infektionsmanagement.
Die veröffentlichte Empfehlung beruht auf dem aktuellen Wissensstand und der Interpretation der beteiligten Fachgesellschaften bis zum 19. Mai 2020. Die Zunahme an Erkenntnissen in den kommenden Wochen und Monaten kann zu einer Neubewertung der Situation und Nachjustierung dieser Empfehlung führen.
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Stellungnahme: Kinder und Jugendliche in der CoVid-19-Pandemie: Schulen und Kitas sollen wieder geöffnet werden
Wiederaufnahme der Betreuung von Kindern im Vorschulalter
Veröffentlicht: 27. Mai 2020 - 10:39 Uhr
Autor/en:
Foto von cottonbro von Pexels