Schadstoffe in der Muttermilch und in Säuglings- und Kindernahrung
Nahrungsmittel enthalten oft unerwünschte Rückstände, die aus Anbau und Bearbeitung stammen. Lebensmittel und auch die Muttermilch können zudem mit Schadstoffen belastet sein, die unbeabsichtigt hineingelangt sind, oft als Folge der allgemeinen Umweltverbreitung von Stoffen, die zumeist als Produkte aus der chemischen Industrie stammen.
Schadstoffe (Kontaminanten)
Schadstoffe (Kontaminanten) sind Substanzen, die unabsichtlich in Lebensmittel gelangen, die also nicht bewusst eingesetzt werden.
Sie können
- beim Verarbeitungsprozess entstehen (z.B. Acrylamid, Benzo(a)pyren in gegrilltem Fleisch, Nitrosamine im Bier) oder
- aus der Umwelt stammen und hier natürlichen Ursprungs sein (Gifte von Pilzen, sog. Mykotoxine, in Getreide oder Fruchtsäften) oder
- aufgrund der menschlichen Aktivität in die Umwelt gelangt sein.
Schadstoffe in diesem Sinne sind Dioxine und Furane, Schwermetalle, Produkte der Chemischen Industrie wie Hexachlorbenzol (HCB), polychlorierte Biphenyle (PCB) wie auch Reste des radioaktiven Fallouts nach dem Chernobyl-Unfall.
Rückstände
Als Rückstände werden Reste von Wirkstoffen und deren Abbauprodukten bezeichnet, die in Lebens- oder Futtermitteln zurückbleiben.
Dabei handelt es sich um Pflanzenschutzmittel, die bewusst in die Landwirtschaft eingebracht worden sind. Diese werden zumeist ungenau und verallgemeinernd als Pestizide bezeichnet. Dazu gehören Fungizide (wirken gegen Pilzbefall), Herbizide (Unkrautvernichtungsmittel) und Insektizide.
Als Rückstände werden auch Abbauprodukte bezeichnet, die im pflanzlichen Stoffwechsel gebildet werden oder z.B. durch Wärme, Feuchtigkeit oder Sonnenlicht entstehen können.
Gesetzliche Grenzwerte für Pestizidrückständ
Fragen im Zusammenhang mit gesetzlichen Grenzwerten für Pestizidrückstände in Lebens- und Futtermitteln werden grundsätzlich in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln geregelt.
Höchstmengen sind für ca. 400 Pflanzenschutzmittel in den 1578 Seiten umfassenden Tabellen festgelegt. Sie sollen so niedrig festgesetzt werden, dass sie kein Gesundheitsrisiko für Verbraucher darstellen und zugleich nicht höher, als es bei Befolgung aller für die beantragten Pflanzenschutzmittel-Anwendungen festgelegten Bedingungen nach den Regeln der „Guten Landwirtschaftlichen Praxis“ erforderlich ist.
Zugrunde gelegt werden wissenschaftliche, toxikologische Erkenntnisse, soweit diese vorliegen, und Daten über Verzehrs-Mengen. Es gilt das ALARA-Prinzip (as low as reasonably achievable; so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar).
Schadstoff synthetische Duftstoffe (Nitromoschus-Verbindungen) in der Muttermilch
Nitro-Moschus-Verbindungen lassen sich häufig in geringen Mengen in der Muttermilch nachweisen, da sie lipophil (im Fettgewebe speicherbar) und schwer abbaubar sind. Einige Verbindungen werden in der EU nicht mehr eingesetzt, vor etwa 20 Jahren waren die gemessenen Muttermilch-Konzentrationen bereits rückläufig.
Die geschätzten Gehalte in Muttermilchproben aus Schweden lagen im Bereich von 2 bis 60 ng/g Fett. Die Aufnahme aus Kosmetikprodukten über die Haut ist bei weitem der wichtigere Eintragsweg und wurde mit ca. 8 µg/kg Körpergewicht bestimmt. In den letzten Jahren sind noch vereinzelt Messungen dieser synthetischen Duftstoffe in der Muttermilch aus China veröffentlicht worden, aber keine weiteren aus Europa oder Nordamerika.
Toxikologie (Giftigkeit)
Für viele dieser Nitro-Moschus-Verbindungen ist eine toxikologische Bewertung nicht möglich. Hinsichtlich chronischer Wirkungen werden in der Literatur giftige Wirkungen auf das Nervensystem, das Erbgut und die Fortpflanzung diskutiert. Die Belastung mit synthetischen Nitro-Moschus-Substanzen durch das Stillen ist angesichts der sehr geringen Mengen in der Muttermilch sehr wahrscheinlich nicht von großem Belang.
Rückgang der Schadstoffbelastung der Muttermilch
Eine Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung von Rückständen in Lebensmitteln hatte 1984 wegen der Belastung der Muttermilch mit Schadstoffen und Rückständen eine Beschränkung der Stilldauer auf vier Monate empfohlen. 1998 wurde diese Empfehlung revidiert: Aufgrund des deutlichen Rückganges der Belastung mit Organochlor-Verbindungen konnte die Empfehlung zur Beschränkung der Stilldauer zurückgenommen werden. Die ursprüngliche Empfehlung hatte zu vielen Protesten und Forderungen sowohl an die Produzenten, wie auch an Gesetzgeber und Behörden geführt, die hinsichtlich des Verbraucherverhaltens folgenreich waren.
Bis heute sind die Gehalte an DDT, PCB, HCB, beta-HCH und an Dioxinen und Furanen um das 10- bis 50fache gegenüber den Ausgangswerten zurückgegangen. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt, das im Rahmen eines Monitorprogrammes über fast zwanzig Jahre hinweg regelmäßig Muttermilchproben untersucht hatte, stellte wurde zum Jahresanfang 2020 dieses Untersuchungsprogramm ein mit der Begründung: Die Konzentrationen der relevanten und von uns bestimmten persistenten chemischen Stoffe liegen mittlerweile in einem so niedrigen Bereich, dass sie bei vielen Frauen in der Muttermilch kaum bzw. gar nicht mehr nachweisbar sind (unterhalb der Nachweisgrenze).
Regulierung von Schadstoffen durch die Europäische Union
Für Erbgut-verändernde und krebsauslösende Substanzen gibt es grundsätzlich keine tolerierbaren toxikologischen Höchstgrenzen. Höchstgehalte werden so niedrig festgelegt, wie in vernünftiger Weise erreichbar (ALARA-Prinzip, "as low as reasonably achievable", so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar).
Darüber hinaus werden zum Schutz der Gesundheit von Säuglingen und Kleinkindern die niedrigsten Höchstgehalte festgelegt, die erreicht werden können.
Die Europäische Union hat 2006 eine in einigen Teilen inzwischen ergänzte Verordnung erlassen, die Höchstgehalte für einige Kontaminanten in Lebensmitteln festlegt.
Stand: 6. Januar 2022 - 10:54 Uhr