Was sind Nanotechnologie, Nanomaterialen und Nanopartikel?
Nanotechnologie
Unter Nanotechnologie wird die gezielte Herstellung und/oder Manipulation einzelner Nanostrukturen (Atome und Moleküle) verstanden. Dabei werden charakteristische chemische und physikalische Eigenschaften sowie Phänomene genutzt, die nur im Übergangsbereich zwischen atomarer und mesoskopischer Ebene auftreten. Die mesoskopische Ebene ist der Bereich zwischen der mikroskopischen (umfasst Atome bzw. Moleküle und die Quantenphysik) und der makroskopischen Ebene. Oberflächen- und Grenzeigenschaften sowie quantenphysikalische Effekte nehmen gegenüber den Volumeneigenschaften an Bedeutung zu.
Je kleiner die Partikel sind, desto mehr Atome befinden sich an der Oberfläche:
Partikelgröße | Anzahl der Oberflächenatome |
30 nm | 10 % |
10 nm | 20 % |
3 nm | 50 % |
Zudem besitzen Oberflächenatome im Allgemeinen weniger Bindungspartner als Atome im Partikelinneren. All dies führt dazu, dass kleinere Partikel reaktiver sind als größere Partikel.
Unter Nanotechnologie fallen verschiedenste Anwendungsbereiche und Produkte mit nanoskaligen Eigenschaften. Die gezielte Herstellung und Manipulation von Nanostrukturen ist jedoch von Biotechnologien wie z.B. der Enzymproduktion in Mikroorganismen abzugrenzen.
Nanomaterialien
Nanomaterialien können aus organischen und/oder anorganischen Stoffen bestehen. Es ist kaum möglich, sie einer einzelnen Stoffgruppe, Morphologie, Darreichungsform oder einem bestimmten Verwendungszweck zuzuordnen. Aufgrund ihrer vielfältigen physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften werden sie in einer Vielzahl verschiedener Anwendungen eingesetzt.
Wie werden Nanomaterialien definiert?
Europäische Kommission
Die Europäische Kommission definierte im Jahr 2011 Nanomaterialien als Stoffe,
- die natürlich entstehen, bei Prozessen anfallen oder gewollt hergestellt werden,
- die Nanopartikel in ungebundenem Zustand, als Aggregat oder als Agglomerat enthalten und
- bei denen mindestens 50 % der Nanopartikel in mindestens einer Dimension zwischen 1 nm und 100 nm groß sind.
Internationale Organisation für Normung (ISO)
Die ISO unterteilt Nanomaterialien einerseits in Nanoobjekte, die kleiner als 100 nm sind, und andererseits in nanostrukturierte Materialien.
Die Nanoobjekte werden in drei Typen gegliedert:
- kugelförmige Strukturen z.B.
- Nanopartikel
- Fullerene
- faserförmige Strukturen z.B.
- Nanoröhren (Nanotubes)
- extrem dünne Schichten z.B.
- Nanoplättchen.
Bei nanostrukturierten Materialien handelt es sich um Aggregate oder Verbundmaterialien, die Nanoobjekte enthalten oder aus ihnen bestehen.
Zusätzliche Informationen können Sie im Informationskasten am Seitenende nachlesen.
Weitere Nanostrukturen
Sog. inverse Nanostrukturen umfassen Poren und komplexe Strukturen wie z.B. supramolekulare Einheiten oder Dendrimere.
Nanokapseln sind organische Verbindungen wie Liposomen, Mizellen oder Vesikel, in die Substanzen (z.B. Vitamine, Geschmacksstoffe, Medikamente) eingekapselt werden. Sie sind in der Lage die Stoffe durch den Körper zu transportieren und zielgenau freizusetzen. Zu den Anwendungsgebieten zählen Lebensmittel, Kosmetika, Medikamente und Agro-Chemikalien.
Poröse Materialen gelten im Gegensatz zu inversen Nanostrukturen und Nanokapseln aufgrund ihrer Größe (> 100 nm) nicht als Nanomaterialien. Angesichts ihrer großen inneren Oberfläche können sie in verschiedenen Anwendungen (z.B. als Katalysator) eingesetzt werden.
Nanopartikel
Die Struktur der Nanopartikel kann entweder amorph oder kristallin sein. Sie können in einem Gas bzw. einer Flüssigkeit dispergiert werden, fester Bestandteil in Kompositmaterialien sein oder auf Oberflächen von nicht nanoskaligen Materialien als Oberflächenbeschichtung aufgetragen werden.
Die Oberfläche von Nanopartikeln kann chemisch bzw. physikalisch verändert werden, indem diese mit verschiedenen Materialien beschichtet, modifiziert oder anderweitig bearbeitet werden. Bei sog. „core-shell“-Partikeln werden Nanopartikel (Kern) mit einer oder mehreren Schichten (Schalen) z.B. aus Siliziumdioxid oder Aluminiumoxid beschichtet. Der Kern und die Schale(n) beeinflussen gemeinsam die Eigenschaften der „core-shell“-Partikel, so dass andere Eigenschaften entstehen als die der einzelnen Komponenten. Zumeist soll durch diese Art von Beschichtung eine Agglomeration verhindert bzw. eine Suspension ermöglicht werden.
Durch die Verkleinerung in den Nanobereich ändern sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Nanopartikel. Sie besitzen
- eine höhere Härte,
- eine höhere Bruchfestigkeit bei niedrigen Temperaturen,
- eine Superplastizität bei hohen Temperaturen,
- zusätzliche elektronische Zustände,
- eine hohe chemische Selektivität der Oberflächenstrukturen,
- eine vergrößerte Oberflächenenergie und
- neue optische und magnetische Eigenschaften.
Manche Substanzen, die chemisch wenig aktiv sind, können im nanoskaligen Bereich hochreaktiv bis explosionsgefährlich werden. So können Nanopartikel aus Aluminium bei Luftkontakt in Brand geraten oder explodieren. Nanopartikel werden bisher nur in geringen Mengen produziert, weshalb das Risiko einer unerwarteten physikalischen oder chemischen Reaktion als gering einzuschätzen ist.
Die Nanotechnologie befasst sich mit Partikeln, die kleiner als 100 nm sind. Nach manchen Definitionen wird die obere Grenze auch bei einer größeren Dimension angesetzt. Es wird argumentiert, dass Nanomaterialien nicht eindeutig von größeren Materialien abgegrenzt werden, wenn die obere Grenze bei 100 nm festgesetzt ist. Hierdurch würden die Größenverteilung sowie spezifische elektrische, mechanische und optische Eigenschaften nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund kann die obere Grenze je nach Definition auch zwischen 200 nm und 1000 nm liegen. In der Folge werden Nanopartikel, die durch „Funktionalisierungen“, Aggregation oder Agglomeration größer als 100 nm sind, in die Definition mit aufgenommen.
Häufig wird 1 nm als untere Grenze angesehen. Andere Definitionen sehen 0,2 nm bzw. 0,1 nm als untere Grenze an oder verzichten auf diese. Der Vorteil einer unteren Grenze liegt in der Abgrenzung der Nanomaterialien zu Atomen bzw. Molekülen. Dennoch besteht bei jeder festgesetzten Grenze die Möglichkeit, dass sowohl Moleküle als auch Nanopartikel die Grenze über- bzw. unterschreiten. (BUND 2013, SCENIHR 2010).
Sehr häufig gelten die o.g. Größen für mindestens eine Dimension. Verschiedene Definitionen erweitern den Geltungsbereich jedoch auf zwei oder drei Dimensionen.
Stand: 11. März 2016 - 9:51 Uhr
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