Gerüche messen und bewerten

Gerüche messen

Der GeruchssinnGerüche zu messen ist schwierig, da die meisten Verfahren nur eine subjektive Messung ermöglichen. Diese psychophysischen Tests zur Messung von Gerüchen sind daher stark von der Mitarbeit des Untersuchten abhängig. Verbale Fähigkeiten, kulturelle Unterschiede und die Bekanntheit von Düften können das Ergebnis beeinflussen.

Insbesondere bei Kindern und Demenzkranken ist die Möglichkeit einer Messung der Riechfähigkeit stark eingeschränkt.

Die wichtigsten psychophysischen Tests sind im Folgenden kurz zusammengefasst:

Alkoholtupfertest

Dieser Test dient der Erfassung des Mindestabstands zwischen einem Riechtupfer und der Nase, in dem ein Geruch wahrgenommen werden kann. Der Tupfer wird immer näher an die Nase herangebracht, bis der Proband den Geruch wahrnimmt.

UPSIT (University of Pensylvania Smell Identification Test)

Der UPSIT ist ein Verfahren zur Feststellung des Geruchsidentifikationsvermögens. Hierzu werden 12 verschiedene Düfte mikroverkapselt auf Papier aufgetragen. Durch das Kratzen an der Oberfläche des Papiers werden die Düfte freigesetzt und müssen dann anhand von vier vorgegebenen Geruchsbezeichnungen identifiziert werden. Das Testergebnis ist die Anzahl der richtig zugeordneten Düfte.

Sniffin’ Sticks

Sniffin’ Sticks (Riechstifte) sind 14cm lange Filzstifte, die mit 4ml Duftstoff gefüllt werden. Für den Test wird die Stiftkappe entfernt und dem Patienten für drei Sekunden mittig unter die Nase gehalten.

Dieser Test dient dazu die Fähigkeit zur Erkennung von Gerüchen zu überprüfen, ebenso wie die Wahrnehmungsschwelle und das Vermögen Gerüche zu unterscheiden.

Die Schwellenbestimmung, der Diskriminationstest und der Identifikationstest sind Subtests.

Schwellenbestimmung

Dem Patienten wird ein Triplett von Sniffin’ Sticks unter die Nase gehalten, von denen 2 geruchlos sind und einer mit einer Geruchssubstanz versetzt ist. Die Geruchsintensität wird bis zu einer wahrnehmbaren Konzentration gesteigert. Die Reihenfolge innerhalb der Tripletts ist zufällig.

Diskriminationstest

Der Diskriminationstest untersucht die Fähigkeit sehr intensive Düfte zu differenzieren. Der Test wird wieder mit den Duftstiften als Triplett durchgeführt. Zwei Duftstifte enthalten den gleichen Duft, der dritte Stift enthält eine andere Riechsubstanz. Insgesamt werden 16 Tripletts vorbereitet und die Anzahl der richtig genannten Stifte ist das anschließende Testergebnis.

Identifikationstest

Mit Hilfe des Identifikationstests wird überprüft, inwieweit Gerüche erkannt werden können. Hierzu riecht der Patient unverblindet an verschiedenen, sehr intensiv riechenden Sniffin’ Sticks. Nach jeden Stift bekommt er eine Liste mit vier verschiedenen Gerüchen ausgehändigt und muss sich festlegen, welcher Geruch der richtige ist.

Um Geruchsstoffe möglichst objektiv messen zu können, werden elektrophysiologische Verfahren eingesetzt. Für objektive Verfahren gilt als Grundeinheit die geringste Menge an Molekülen, die in 1m3 Neutralluft eine Geruchsempfindung auslöst. Für diesen Verdünnungsfaktor ist die Europäische Geruchseinheit je Kubikmeter (GE/m3) definiert. Sie beträgt 1 GE/m3 und stellt den Skalenfixpunkt dar.

Das „Olf“ hingegen orientiert sich an dem Geruch, der von einem Menschen mit Standardeigenschaften (1,8 m2 Hautoberfläche, sitzende Tätigkeit, 0,7 Duschbäder/Tag, täglich frische Wäsche) verursacht wird. Eine sitzende Person entspricht daher 1 Olf.

Die Messungen werden meist von ausgebildeten Testpersonen vorgenommen. Gelegentlich wird auch eine „elektronische Nase“ eingesetzt, deren Voreinstellungen sich an den Ergebnissen der Testpersonen orientieren.

Bei einer elektrophysiologischen Untersuchung werden aus dem EEG olfaktorisch evozierte Potentiale (OEP) ermittelt und daraus bei Bedarf ein Elektro-Olfaktogramm (EOG) abgeleitet. Bestimmte Riechreize werden dem Probanden gezielt mittels eines Olfaktometers dargeboten. Der Vorteil dieser Durchführung ist, dass die Reizdauer, die Duftstoffkonzentration und die Anstiegssteilheit der Geruchsintensität genau geregelt werden kann. Die chemische Reizung kann ohne thermische, mechanische oder akustische Begleitstimulationen erfolgen. In diesem Test werden i.d.R. nur Duftstoffe verwendet, die eine möglichst geringe trigeminale Erregung verursachen.

Gerüche bewerten

Wahrnehmbare Riech- oder Duftstoffe dienen zur Identifizierung von Nahrung, Verdorbenem, von Artgenossen und von Feinden. Gerüche warnen auch vor stofflichen Gefahren. Beispielsweise gilt für den hochgiftigen Schwefelwasserstoff eine sehr niedrige Geruchsschwelle. Schon wenige Moleküle reichen aus, um die Substanz an ihrem typischen Geruch von faulen Eiern, der bei der Zersetzung von Proteinen aus schwefelhaltigen Aminosäuren durch Fäulnis- und Schwefelbakterien entsteht, zu identifizieren.

Abgesehen von solchen Warngerüchen, ist es Menschen nicht angeboren, ob sie einen Duft mögen oder nicht. Es ist vielmehr abhängig von der Erfahrung, die ein Mensch mit einem Duft macht. Einige Gerüche sind dennoch von Geburt an bekannt und werden daher als angenehmer empfunden, als andere. Versuche mit Kaninchen konnten belegen, dass neugeborene Kaninchen Wacholdersträucher bevorzugen, wenn ihre Mutter während der Trächtigkeit vermehrt davon gefressen hat. Diese Erkenntnis ist erstaunlich, da Kaninchen normalerweise keine Beeren fressen (Hatt 2005). Auch der menschliche Fötus nimmt schon über die Nabelschnur Geruchsstoffe der mütterlichen Nahrung auf.

Bei dem Erlernen der Bewertung von Geruchsstoffen gibt es wichtige kulturelle Unterschiede. Getrockneter Fisch verspricht japanischen Nasen einen Wohlgeschmack, die meisten deutschen Nasen sind von diesem Geruch eher nicht angetan.

Für etwa 30 Stoffe liegen derzeit so genannte Geruchsleitwerte vor.

Gerüche und Gefühle

Ein Mensch kann tausende von Gerüchen erkennen und im Gedächtnis speichern. Einer der Informationswege führt vom Riechhirn (Bulbus olfactoris) direkt zum Mandelkern (Amygdala), dem Sitz der Emotionen. In dem Mandelkern erzeugen die eintreffenden Geruchsinformationen blitzschnell ein Gefühl. Je nach Geruch kann das zum Beispiel Freude Angst oder Ekel sein. Kaffeeduft erzeugt bei den meisten Menschen ein wohliges Gefühl, Lavendel wird als harmonisierend und entspannend empfunden.

Gerüche wecken auch Erinnerungen, sie können einen Menschen schlagartig in die Kindheit zurückversetzen. Der Sitz des Gedächtnisses liegt im Hippocampus, in ummittelbarer Nachbarschaft zum Mandelkern. Hier entstehen Bilder vor dem inneren Auge, die der Duft hervorruft. Beispiele hierfür sind das Treppenhaus der geliebten Großmutter bei dem Geruch von Bohnerwachs oder der letzte Umzug bei dem Geruch von Wandfarbe. Gerüche können aber auch mit schrecklichen Dingen assoziiert werden. Der Duft des Aftershave eines Vergewaltigers kann bei den Opfern sofortige Übelkeit und Erbrechen auslösen. Diese Verknüpfungen können auch unbewusst stattfinden und werden als eine Ursache für das Syndrom der Multiplen Chemikalienunverträglichkeit (MCS) diskutiert.

Liebe geht durch die Nase

Mit der wachsenden Anzahl an Studien über die biologischen Mechanismen der Partnerwahl und der Entdeckung des Vomeronasalorgans (VNO) beim Menschen hat das wissenschaftliche Interesse an der Bedeutung des Körpergeruchs als mögliches Signalsystem deutlich zugenommen. Jüngste Studien zeigen, dass Pheromone (Geruchsbotenstoffe) eine wichtige Rolle in der Verhaltens- und Fortpflanzungsbiologie des Menschen spielen können (Fink, Sövegjarto 2006). Neuste Studien gehen aber davon aus, dass das VNO beim Menschen nur schwach ausgeprägt ist. Auch die Frage, ob es menschliche Pheromone gibt, ist umstritten.

Gute und schlechte Riecher

Es gibt Menschen, die haben eine feinere Nase als andere. Frauen können normalerweise besser riechen als Männer, Raucher riechen schlechter als Nichtrauer, weil Zigarettenrauch den Riechzellen schadet.

Da sich die Zellen, wie oben gezeigt, alle 60 Tage erneuern, erlangen Raucher, nachdem sie das Rauchen aufgegeben haben, wieder einen normalen Geruchssinn.

Auch Medikamente oder Chemikalien können den Geruchssinn beeinflussen.

Allgemein gilt: Ab dem 40. Lebensjahr wird der Gesuchssinn schlechter. Dies betrifft sowohl die Wahrnehmung als auch die Identifizierung eines Duftes. Welche Ursachen dahinter stecken, konnte die Wissenschaft noch nicht abschließend klären. Einerseits wird vermutet, dass die Regeneration der Geruchszellen nicht mehr optimal funktioniert (Pschierer 2005). Andererseits kann das Riechvermögen aufgrund des Alters abnehmen.

Neugeborene verfügen über eine zusammenhängende Schicht von Sinnesepithelzellen. Mit zunehmendem Alter wird diese Schicht mit nicht-olfaktorischen respiratorischen Epithelzellen durchsetzt (Hummel et al., 2013).

Die Wahrnehmung von Düften wird durch den Hormonstatus und die Motivation stark beeinflusst. Bei Frauen sorgt ein hoher Östrogenspiegel für eine erhöhte Geruchssensibilität. Das erklärt die verstärkte Geruchsempfindlichkeit mancher Frauen in der Schwangerschaft.

Auch bei Hunger nehmen Menschen Gerüche wesentlich deutlicher wahr als mit einem gefüllten Bauch.

Dagegen können Entzündungen der Riechzellen durch eine Grippe und Verletzungen und Erkrankungen der Nervenbahnen nach einem Schädelhirntrauma oder Hirnhautentzündung zu einer Hypo- oder Anosmie führen. Hypo- bzw. Anosmie sind die medizinischen Begriffe für die teilweise oder vollständige Unfähigkeit Riechstoffe wahrzunehmen. Der Verlust des Geruchssinns kann zu Appetitlosigkeit und Depressionen führen. Außerdem fehlt damit ein wichtiges Warnsystem. Denn der Geruchssinn kann auf Gefahren wie Brände oder giftige Dämpfe aufmerksam machen.

Vermutlich sind mindestens 5 % der Bevölkerung von einer Anosmie betroffen.

Zusätzliche Informationen: 

Mit Hilfe von subjektiven sowie objektiven Untersuchungsmethoden können Veränderungen der Riechfähigkeit bzw. eine Minderung des Riechvermögens festgestellt werden.

Subjektive Untersuchungsmethoden

In psychophysischen Tests kann das Riechvermögen schnell eingeschätzt werden.

Zur groben Orientierung dient ein Alkoholtupfertest. Dabei wird bei geschlossenen Augen ein in Alkohol getauchter Tupfer langsam an die Nase herangeführt. Der so ermittelte Abstand zwischen Tupfer und Nase, bei dem der Patient den Alkohol gerade eben riechen kann, gibt Aufschlüsse über das Riechvermögen.

Um eine detaillierteres Bild über die Riechfähigkeit zu erhalten, müssen folgende Teilaspekte untersucht werden:

  • Wahrnehmungsschwelle,
  • Erkennen und Unterscheiden von Gerüchen,
  • Riechgedächtnis und
  • vergleichende Skalierung überschwelliger Duftstoff-Konzentrationen.

Nachfolgend werden die verschiedenen Untersuchungsmethoden erklärt (Quelle: Hummel et al., 2013).

„University of Pennsylvania Smell Identification Test“ (UPSIT)

Der UPSIT dient der Bestimmung des Geruchsidentifikationsvermögens. Dabei werden zwölf verschiedene vorher auf Papier aufgebrachte Düfte durch Kratzen nacheinander freigesetzt. Ziel der Untersuchung ist, dass der Patient den jeweils wahrgenommenen Duft auf einer Karte mit vier Auswahlmöglichkeiten zuordnet. Das Testergebnis setzt sich aus der Anzahl richtiger Antworten zusammen.

In den nächsten drei Untersuchungsmethoden werden sog. Riechstifte („Sniffin’ Sticks“) eingesetzt. Hierbei handelt es sich um 14 cm lange Filzstifte, die 4 ml eines bestimmten Duftstoffes enthalten. Sie werden dem Patienten für drei Sekunden in etwa 2 cm Entfernung mittig unter die Nase gehalten.

Schwellentest

Der Schwellentest dient zur Bestimmung der Geruchsschwelle. Für die Untersuchung wird wahlweise Phenylethylalkohol (Rosenduft) oder n-Butanol (käseähnlicher Geruch) als Geruchsstoff eingesetzt. Das trigeminale System wird hierbei nur geringfügig aktiviert.

Insgesamt gibt es 16 Verdünnungsstufen. Jede Verdünnungsstufe besteht aus einem Triplett an Stiften, von denen einer den Duftstoff und zwei ein geruchloses Lösungsmittel beinhalten. Die Reihenfolge der Stifte eines Tripletts wird zufällig gewählt. Damit der Patient die Stifte nicht erkennen kann, trägt dieser während der Untersuchung eine Schlafmaske. Der Schwellentest wird mit der niedrigsten Konzentration begonnen. Nachfolgend werden höhere und niedrigere Verdünnungsstufen variiert, bis die gerade wahrnehmbare Konzentration bestimmt wurde.

Diskriminationstest

Durch den Diskriminationstest soll die Fähigkeit, Gerüche zu unterscheiden, untersucht werden. Zwei Stifte eines Tripletts beinhalten die gleiche Riechsubstanz, während der dritte Stift einen anderen Duftstoff enthält. Bei insgesamt 16 Tripletts ist der anders riechende Stift zu benennen. Die Reihenfolge innerhalb eines Tripletts wird zufällig gewählt, weshalb die Testperson auch bei dieser Untersuchung eine Schlafmaske trägt. Die Anzahl richtiger Antworten ist gleichzeitig das Testergebnis.

Identifikationstest

Im Identifikationstest sollen überschwellige Düfte erkannt werden. Der Patient erhält hierzu einen Duft sowie eine Auswahl zwischen vier Antwortmöglichkeiten. Jeder angebotene Stift enthält einen anderen Duft. Die Anzahl der richtigen Antworten wird als Ergebnis gewertet.

Die Summe der Ergebnisse aus dem Schwellentest, dem Diskriminationstest und dem Identifikationstest ergibt den sog. SDI-Wert. Der SDI-Wert erlaubt eine differenzierte Unterscheidung zwischen Norm-, Hyp- und Anosmie.

Objektive Untersuchungsmethoden

Elektrophysiologische Verfahren sind weniger von der Mitarbeit der Patienten abhängig, da das Riechvermögen mit Hilfe eines EEG in Form von olfaktorisch evozierten Potentialen (OEP) oder eines Elektro-Olfaktogramms (EOG) bestimmt wird.

Das olfaktorisch evozierte Potential (OEP)

Das OEP wird aus einem EEG (Elektroenzephalogramm) gewonnen, welches an der Kopfhaut abgeleitetet wird. Anosmische Patienten zeigen bei einer trigeminalen Reizung mit Kohlendioxid geringere Amplituden als Gesunde. Eine olfaktorische Reizung mit Vanillin und Schwefelwasserstoff bewirkt keine Reaktion.

Das Elektro-Olfaktogramm (EOG)

Mit einem Olfaktometer können Reizdauer, Duftstoffkonzentration und Anstiegssteilheit der Konzentration genau festgelegt werden. Es werden bevorzugt jene Duftstoffe verwendet, die möglichst keine trigeminale Erregung auslösen wie z.B. Phenylethylalkohol (Rosenduft), Vanillin oder Schwefelwasserstoff (faule Eier). Kohlendioxid wird meist als „rein trigeminales“ Irritans zur separaten Untersuchung des trigeminalen Systems eingesetzt.

Ein EOG wird direkt von der Oberfläche des Riechepithels abgeleitet. Diese Methode findet im klinischen Alltag nur wenig Anwendung, weil

  • die Platzierung der Elektrode sehr aufwendig ist und
  • die Ableitung von Potentialen mit zunehmendem Alter aufgrund einer zunehmenden Degeneration des Riechepithels schwieriger wird.

Die Untersuchung ist aufwendig und findet ausschließlich in spezialisierten Zentren statt.

Stand: 12. Februar 2020 - 12:11 Uhr

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