Kortison

Zurück

Ihre Suchergebnisse:

Kortison

Viele Menschen lehnen aus Angst eine Behandlung mit Kortison ab. Dabei kann Kortison in einer Therapie lebenswichtig sein. Der folgende Artikel soll Missverständnisse beseitigen und bei einer Nutzen-Risiko-Bewertung helfen.

Kortison: ein körpereigenes Hormon

Der Begriff „Kortison“ fasst eine Reihe von Hormonen zusammen, die sogenannten Glucocorticoide und Mineralocorticoide. Sie sind wichtige Bestandteile des menschlichen Stoffwechsels und werden in der Nebennierenrinde produziert.

Glucocorticoide beeinflussen das Immunsystem, haben Effekte auf Knochen und Muskeln, auf das zentrale Nervensystem sowie auf das Blut und die Augen.

Mineralocorticoide wirken auf den Mineral- und Wasserhaushalt ein. Hauptvertreter der natürlichen Glucocorticoide sind Cortisol (auch Hydrocortison genannt), Corticosteron und Cortison. Die wichtigsten natürlichen Mineralcorticoide sind Aldosteron und Desoxycorticosteron.

Kortison als Medikament

In der Medizin werden künstlich hergestellte Formen der Glucocorticoide zur Therapie verschiedenster Erkrankungen eingesetzt. Die Wirkstoffe heißen beispielsweise Dexamethason, Fluorocortolon, Prednison, Prednisolon oder Triamcinolon und unterscheiden sich vor allem in ihrer Wirkungsstärke sowie in ihrer Wirkungsdauer. Abgesehen davon ist die Wirkung dieser Stoffe sehr ähnlich. Daher werden sie umgangssprachlich im Begriff Kortison zusammengefasst.

Anwendungsgebiete

Kortison ist ein hilfreiches, manchmal auch lebenswichtiges Medikament. Es lindert entzündliche Erkrankungen, die im Wesentlichen auf Fehlfunktionen des Immunsystems unterschiedlichster Art zurückzuführen sind: 

  • Allergien
  • Anaphylaktischer Schock
  • Quincke-Ödeme
  • Asthma
  • Neurodermitis
  • Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte)
  • Rheuma
  • andere nicht-infektiöse Hauterkrankungen
  • nicht-infektiöse Augenerkrankungen
  • Morbus Crohn
  • Verschiedene weitere Autoimmunkrankheiten

Wirkungsweise von Kortison

Vereinfacht formuliert setzen die Körperzellen bei den oben genannten Erkrankungen Entzündungsmediatoren („Botenstoffe“) frei. Diese verursachen die typischen Entzündungszeichen wie Schwellung, Rötung, Erwärmung, Schmerz und Juckreiz.

Kortison durchdringt die Wand der Körperzellen und bindet sich an einen passenden Rezeptor im Inneren der Zelle. Der so gebildete Komplex aus Rezeptor und Kortison bindet sich im Zellkern an bestimmte Abschnitte der Erbsubstanz DNA und beeinflusst so die Entstehung der Entzündungsmediatoren: Die Entzündung wird gehemmt.

Dieser Mechanismus braucht einige Tage Zeit, bis er seine Wirkung voll entfalten kann. Der Wirkungsbeginn liegt bei ca. 1–2 Stunden.

Zusätzlich kann Kortison die Zellwände stabilisieren und so den Austritt von Zellwasser ins Gewebe verhindern. Kortison hat damit auch eine abschwellende Wirkung.

Nebenwirkungen

Generell gilt: Bei lokalen Anwendungen in Form von Cremes, Salben, Pulver, Sprays für Nase und Lunge sowie Augentropfen entfaltet das Kortison seine Wirkungen und Nebenwirkungen in der Regel nur am Ort der Anwendung. Da Kortison das lokale Immunsystem hemmt, können sich an der behandelten Stelle leichter Bakterien, Viren oder Pilze (Candida) vermehren.

Bei einer hohen Dosis bzw. stark wirkenden Kortisonen kann es zu einer Wirkstoffaufnahme und damit zu einer allgemeinen Wirkung und Nebenwirkung kommen.

Cremes, Salben und Lotionen
Bei einer kurzfristigen Anwendung auf der Haut (ca. 1 – 2 Wochen bei täglicher Anwendung) sind keine Nebenwirkungen zu erwarten. Längerfristige Anwendungen können zur Verdünnung der Haut (Atrophie), zu roten Äderchen und einer speziellen Form der Akne (Steroid-Akne) führen. Die Haut erholt sich schnell von den Nebenwirkungen, sobald das Kortisonpräparat abgesetzt wird.

Nasensprays und Augentropfen
Auch hier wirkt das Kortison nur am Ort der Anwendung. Wird das Kortison nur zeitweilig eingesetzt, zum Beispiel zur Behandlung von Heuschnupfen, so ist mit keinen Nebenwirkungen zu rechnen. Bei einer Dauertherapie mit Augentropfen und Nasensprays kann es zur Verdünnung der Hornhaut bzw. der Nasenschleimhaut kommen. Bei vorbelasteten Personen ist es möglich, dass sich ein grüner Star entwickelt.

Inhalative Anwendung für die Lunge (z. B. Spray, Pulver)
Hauptnebenwirkung ist hier ein erhöhtes lokales Infektionsrisiko: so kann sich unter der Dauerbehandlung mit Kortison ein Mundsoor bilden. Er lässt sich allerdings gut verhindern, wenn man nach der Inhalation bzw. nach der Anwendung des Sprays den Mund gründlich mit Wasser ausspült. Bei mittleren bis hohen Dosierungen kann es zu systemischen Nebenwirkungen kommen (bei Kindern als erstes eine Hemmung des Längenwachstums, das sich allerdings nach Absetzen/Reduktion der Dosis wieder normalisiert.

Tabletten, Spritzen und Infusionen
Eine einmalige Kortisongabe ist auch bei einer hohen Dosierung unproblematisch. Je länger (mehr als eine Woche!) und je höher dosiert Kortison eingesetzt wird, desto eher bzw. stärker machen sich auch Nebenwirkungen bemerkbar.

Die systemischen Nebenwirkungen stellen sich unter anderem im „Cushing-Syndrom“ dar. Es zeigt die typischen Symptome einer Kortisonüberdosierung: 

  • Facies lunata („Vollmondgesicht“)
  • Fetteinlagerung am Abdomen (Stammfettsucht)
  • Fetteinlagerung im Nacken („Stiernacken“)
  • arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Hypogonadismus (Unterfunktion der Hoden oder Eierstöcke)
  • Osteoporose
  • Hautatrophien und Striae („Schwangerschaftsstreifen“)
  • Muskelschwäche bis zur Muskelatrophie
  • Hirsutismus (verstärkte, dem männlichen Behaarungstyp entsprechende Gesichts-, Körper- und Schambehaarung bei Frauen)
  • Diabetes mellitus

Darüber hinaus stellt der Körper bei einer zu hohen Dosis die eigene Kortisonproduktion ein. Das kann zu Müdigkeit, Appetitverlust und Gewichtsabnahme führen.

Die Kortisontherapie soll das überschießende Immunsystem regulieren. Diese Unterdrückung kann aber auch Infektionen begünstigen und zu Wundheilungsstörungen führen. Magen-Darmgeschwüre, Akne, das Glaukom („grüner Star) oder der Katarakt („grauer Star“) sind ebenfalls mögliche Nebenwirkungen.

Bei einer vernünftigen Dosierung ist mit derartigen Folgen aber nicht zu rechnen.

Kortisonangst

Viele Betroffene haben Angst davor, sich mit Kortison behandeln zu lassen. Das ist vermutlich mit den Erfahrungen aus Kortisonbehandlungen der siebziger Jahres des vergangen Jahrhunderts verknüpft. Damals gab man auf Grund fehlender Langzeiterfahrungen das Hormon in zu hohen Dosen. Außerdem bestanden noch keine geeigneten Möglichkeiten für eine lokale Anwendung.

Kortisonangst kann dazu führen, dass die Betroffenen das notwendige Medikament nicht oder nur unregelmäßig anwenden. In der Folge kann sich die entzündungshemmende Wirkung nicht voll entfalten. Unterbehandelte Erkrankungen, die mit Kortison gut einstellbar wären, können die Lebensqualität stark jedoch stark einschränken. Hier ist eine sorgfältige Nutzen-/Risikowertung unerlässlich.

Ist eine Kortisontherapie erforderlich, so wird sich der Arzt mit dem Patienten besprechen und das richtige Kortison mit der angemessenen möglichst niedrigen Dosis für den individuellen Therapiebedarf einsetzen. Um Nebenwirkungen zu vermeiden, hat die Forschung für jedes Kortison eine Dosis bestimmt, ab welcher bei längerer Einnahmedauer die oben genannten Folgen entstehen können. Diese Dosis nennt sich „Schwellendosis“ und sollte bei einer Langzeittherapie nicht ohne triftigen Grund überschritten werden. Außerdem empfiehlt es sich, die Dauertherapie der körpereigenen Kortisonproduktion anzupassen. Daher ist es am besten Kortisontabletten morgens zwischen 6:00 und 8:00 Uhr einzunehmen.

Nebenwirkungen von Kortison vorbeugen

Um Nebenwirkungen vorzubeugen bzw. diese rechtzeitig zu erkennen, eignen sind nach Absprache mit dem Therapeuten folgende ergänzende Maßnahmen: 

  • Eiweißreiche und kohlenhydratarme Ernährung
  • Eventuell Einnahme von Calcium und Vitamin D zur Prophylaxe einer Osteoporose
  • Regelmäßige Blutzuckerkontrolle um einen entstehenden Diabetes rechtzeitig zu erkennen
  • Ggf. augenärztliche Kontrollen
  • Bei Kindern: regelmäßige Kontrolle der Körperlänge
  • Ggf. Überprüfung der körpereigenen Hormonregulation

Autor/innen: J. Linnemann M. Sc., U. Voss M. A.    Zuletzt aktualisiert: 14.01.2024

Nach oben