Ihre Suchergebnisse:
Haarfärbemittel
Inhaltsstoffe von Haarfärbemitteln
Mehr als sechs von zehn Frauen färben ihr Haar. Im Durchschnitt geschieht dies etwa 6 – 8 mal pro Jahr. Auch etwa jeder zehnte Mann über 40 Jahre greift zu einem Haarfärbemittel.
Was ist in einem Haarfärbemittel enthalten? Was genau passiert beim Haarefärben? Gibt es Hinweise auf möglicherweise gesundheitsschädliche Wirkungen?
Haarfärbemittel werden nach ihrer Farbbeständigkeit meist in 3 Gruppen eingeteilt:
- temporäre Haarfarben (sie vertragen 1 – 2 Haarwäschen)
- semipermanente Haarfarben (sie vertragen 8 – 10 Haarwäschen)
- permanente Haarfarben (dauerhafte Färbung)
Haarfarben der 1. und 2. Gruppe werden auch als “nicht oxidative” (direktziehende) Farben bezeichnet. Hier lagern sich die Farbstoffe äußerlich an Keratin (das wichtigste Struktureiweiß im Haar) an bzw. dringen in die Schuppenschicht (“Cuticula”) des Haares ein. Die Farbstoffe sind auswaschbar.
Bei semipermanenten Haarfarben sind Grün-Blau-Töne i.d.R. nicht möglich und Naturtöne sind nicht immer erzielbar.
Haarfarben der 3. Gruppe (“oxidative Farben”) bestehen in der Regel aus zwei Komponenten, einer Colorcreme und einer Entwicklercreme. Die Colorcreme enthält Farbstoffbausteine und Farbkuppler, während die Entwicklercreme auf einem Oxydationsmittel (meist handelt es sich dabei um Wasserstoffperoxid) basiert. Wasserstoffperoxid hilft auch, die vorhandenen Haarpigmente zu zerstören.
Unmittelbar vor dem Färben werden beide Komponenten vermischt und auf das Haar aufgetragen. In komplizierten Reaktionen entstehen Farbstoffe, die sich in die Haarmatrix einlagern, das Haar durchfärben und nicht auswaschbar sind.
Zur Grauabdeckung werden Haarfarben der 3. Gruppe verwendet (siehe auch Zs. TEST der Stiftung Warentest vom Mai 2013).
Das Scientific Committee on Consumer Safety (SCCS) stellt Informationen und Bewertungen zu folgenden Haarfarbstoffkomponenten zur Verfügung:
- Acid Orange 7 (Tropaeolin OOO)
- Hydroxyethoxy aminopyrazolopyridine HCl3-amino-2,6-dimethylphenol
- Basic Brown 17
- Disperse Red 17
- Bismuth citrate
- Lawsonia inermis (Henna)
- 2-Chloro-p-phenylenediamine
- Hydroxyanthraquinone-aminopropyl methyl morpholinium methosulfate
- Acid Black 1 COLIPA
Ausführliche Informationen zu den einzelnen Komponenten finden sich hier.
Gesundheitsrisiken
Untersuchungen zum Krebsrisiko
Seit den 80er Jahren sind Wissenschaftler immer wieder der Frage nachgegangen, ob ein häufiger beruflicher oder privater Kontakt mit oxidativen Haarfärbemitteln das Risiko erhöht, an Krebs (insbesondere Blasenkrebs) zu erkranken. Frühe Studien hatten ein solches Risiko angedeutet. Als Ursache kamen v. a. Farbstoffe aus der Gruppe der so genannten aromatischen Amine in Frage.
Neuere Studien aus Spanien, Schweden und den USA lassen keinen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch moderner Haarfarben und einem erhöhten Krebsrisiko erkennen (B. Takkouche und Mitarbeiter 2005, M. Kogevinas und Mitarbeiter 2006).
Die spanische Forschergruppe hatte hierfür 79 epidemiologische Studien, die zwischen 1966 und Januar 2005 erschienen waren, gesichtet und bewertet. Ihre Schlussfolgerung (“keine ernstzunehmenden Hinweise auf eine deutliche Erhöhung des Krebsrisikos bei Anwendern von Haarfärbemitteln”) beruht auf einer recht umfassenden Datenbasis. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2008 kommt zu dem gleichen Schluss (Kelsh und Mitarbeiter 2008).
Andere Untersuchungen beschäftigten sich mit der Frage, ob der Gebrauch von Haarfärbemitteln und ähnlichen Produkten zur Schönheitspflege möglicherweise vermehrte Hirntumore bei den Kindern der Anwenderinnen zur Folge hat. Den Ergebnissen zweier Studien zufolge finden sich hierfür keine ernstzunehmenden Anhaltspunkte (E.A. Holly und Mitarbeiter 2002, J.T. Efird und Mitarbeiter 2005/Internationale SEARCH-Studie).
Die Internationale Krebsforschungsagentur IARC (International Agency for Research on Cancer, Lyon) kam in 2008 zu der Einschätzung, dass die private Nutzung von Haarfärbemitteln “nicht klassifizierbar im Hinblick auf die Karzinogenität beim Menschen” (= IARC Gruppe 3) sei.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht auf seinem Symposium zum Wissensstand zu Krebs- und Allergierisiken durch Haarfärbemittel kein Krebsrisiko (BfR 2014). Es weist darauf hin, dass die problematischen Inhaltsstoffe bereits seit vielen Jahren verboten sind (BfR 2009). Diese Auffassung vertritt auch Prof. Th. Platzek, Toxikologe beim BfR, im Interview “Kein Krebs durch Haarfarbe” (Stiftung Warentest, Mai 2013).
Andere gesundheitliche Wirkungen
Manche Inhaltsstoffe von oxidativen Haarfärbemitteln besitzen ein hohes sensibilisierendes Potential. Insbesondere Friseure und Friseurinnen die häufig mit Färbemitteln arbeiten, sind von Allergien gegen deren Inhaltsstoffe betroffen. Doch auch die Anwender der Haarfärbemittel können Allergien und Unverträglichkeiten entwickeln.
Allergieauslöser
Zu den möglicherweise allergieauslösenden Stoffen in Oxidationsfarben gehören:
m- und p-Phenylendiamin (PPD, genauer gesagt: dessen Oxidationsprodukte), p-Toluylendiamin, p-Toluylendisulfat, o-Nitro-p-Phenylendiamin, p-Aminophenol, 3-Aminophenol, Hydrochinon und Resorcin. Das oxidierende Wasserstoffperoxid kann zusätzlich hautreizend wirken. Nach Untersuchungen des IVDK sind in der Allgemeinbevölkerung pro 1 000 Personen etwa 5 – 12 gegenüber PPD sensibilisiert, darunter 1 – 2 Personen im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Haarfärbemitteln (Schnuch 2010).
In Blondiermitteln finden sich Persulfate, z.B. Ammoniumpersulfat, welche die Entstehung von Kontaktekzemen fördern und sensibilisierend wirken können.
Verträglichkeitstest
Die in Anwendungshinweisen mancher Produkte enthaltene Empfehlung zur Selbsttestung vor der eigentlichen Anwendung (“Verträglichkeitstest”) wird von Fachleuten kritisch gesehen: es würden bereits bestehende Sensibilisierungen hierbei nicht sicher erkannt werden und der Test selbst könnte zu einer Sensibilisierung führen. Grund dafür ist, dass nicht nur die Dosis, sondern auch die Häufigkeit der Anwendung das Risiko einer Allergieentwicklung beeinflusst. Da PPD nicht nur in Haarfärbemitteln, sondern auch in anderen Produkten als Farbmittel eingesetzt wird, ist die Häufigkeit des Kontaktes hoch und für bereits sensibilisierte Personen schwer zu vermeiden.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kritisiert, dass die Entnahme einer definierten Menge für den Selbsttest kompliziert ist. Zudem sei es für Laien schwierig das Ergebnis des Selbsttestes richtig einzuschätzen. Beim Auftreten von Symptomen sollte daher der Facharzt zu Rate gezogen werden.
Das BfR rät von einer Selbsttestung mit PPD-haltigen Haarfärbemitteln ab, da es eine Sensibilisierung auslösen kann und bei bereits Sensibilisierten Auslösungsreaktionen hervorrufen kann (BfR 2014). Fachleute sind zudem der Ansicht der “Test zu diagnostischen Zwecken” sei durch die Kosmetik-Richtlinie nicht gedeckt.
Henna
Selbst das natürliche Färbemittel Henna kann Allergien auslösen. In südlichen Urlaubsländern wird dem Henna-Farbstoff manchmal zusätzlich das bereits aufgeführte p-Phenylendiamin beigefügt. In diesem Zusammenhang sind auch Henna-Tattoos zu erwähnen. Das Anbringen von Tattoos unterliegt seit dem 1.5.2009 der neuen Tätowierverordnung.
Gesetzliche Regelungen
Die Europäische Kommission hat am 20. Juli 2006 auf Empfehlung des “Wissenschaftlichen Ausschusses für Konsumgüter” (jetzt SCCS = Scientific Committee on Consumer Safety) ein Verbot für 22 chemische Substanzen ausgesprochen, die zum Färben bzw. Tönen der Haare verwendet werden und für die kein Sicherheitsdossier fristgerecht vorgelegt wurde. Das Verbot trat am 01.12.2006 in Kraft.
Bis jetzt hat die Kommission 180 Substanzen verboten und den Gebrauch von 76 Substanzen eingeschränkt. Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) prüft derzeit noch 45 weitere Substanzen. Die bisher untersuchten Substanzen werden in den Anhängen der EU Kosmetik-Richtlinie aufgeführt.
Das Wissenschaftliche Komitee für Konsumgüter der EU veröffentlicht recht regelmäßig Informationen zu einzelnen Haarfarben sowie zu Zwischenprodukten und Reaktionsprodukten bei oxidativen Haarfärbemitteln im Internet.
Eine neue Leitlinie der Europäischen Kommission verpflichtet Kosmetikunternehmen dazu, Nebenwirkungen ihrer Produkte (z.B. zu Hautreizungen, allergischen Reaktionen, kosmetischer Akne und Juckreiz) offenzulegen.
Europäische Kosmetikverordnung
Die neue Europäische Kosmetikverordnung (1223/2009) gilt ab dem 11. Juli 2013 gelten und ersetzt die EU-Kosmetik-Richtlinie 76/768. Einer Mitteilung der EU-Kommission für Verbraucherschutz vom 29.2.16 zufolge gelten die auf dem europäischen Markt befindlichen Haarfärbemittel als sehr sicher.
Kosmetikindustrie und INCI-Deklaration
Die Kosmetikindustrie macht bereits seit längerer Zeit auf den Verpackungen Angaben zu Inhaltsstoffen, aufgelistet nach ihrem Anteil, und zu etwaigen unerwünschten Nebenwirkungen. Die Aufstellung internationaler Bezeichnungen für Kosmetikinhaltsstoffe INCI (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients) ist im Internet abrufbar.
Regelung für die Altersgruppe < 16 Jahre
Seit dem 1. November 2011 müssen die Hersteller bestimmte Haarfärbemittel mit dem Hinweis versehen, dass das Produkt nicht für Personen unter 16 Jahren bestimmt ist.
Empfehlungen
Anwendung von Haarfärbemitteln während der Schwangerschaft und der Stillzeit
Es ist nur allzu gut verständlich, dass Frauen in dieser besonderen Zeit weiterhin attraktiv aussehen möchten. Aus umweltmedizinischer Sicht kann allerdings – im Hinblick auf die umfangreiche Produktpalette und der Vielzahl der in Haarfärbemitteln enthaltenen Stoffe – nicht ausgeschlossen werden, dass einige Stoffe in geringem Maße über die Kopfhaut resorbiert werden und in den Blutkreislauf und möglicherweise auch in die Frauenmilch übertreten (H. Moshammer, 2001). Wissenschaftliche Untersuchungen bei Friseuren zeigen, dass es zu einem messbaren, aber von der Menge her vernachlässigbaren Übertritt von Haarfärbebestandteilen in den menschlichen Körper kommt (Nohynek, 2010).
Wer sicher gehen will, sollte in dieser Zeit auf eine Anwendung dieser Mittel verzichten.
In jedem Fall ist es ratsam, bei der Anwendung Handschuhe zu tragen und die Gebrauchsanleitung strikt zu befolgen.
Pflanzenfarben als Alternativen zu chemischen Haarfärbemitteln?
Oft werden Pflanzenfarben empfohlen, insbesondere das Färben mit Henna. Der Hennafarbstoff wird aus einem mehrere Meter hoch wachsenden Strauch gewonnen, dessen Blätter im Herbst geerntet und pulverisiert werden. Man unterscheidet neutrales, rotfärbendes und schwarzes Henna. Wichtigster Farbstoff im Henna ist die Substanz Lawson. Sie wurde nach dem Botaniker Lawson benannt, der 1709 den Hennastrauch (Lawsonia inermes) entdeckte.
Chemisch gesehen handelt es sich bei der Substanz Lawson um ein Naphthochinon. Lawson wird von Institutionen, die sich mit Risikobewertung befassen (hier: BgVV 2001, BfR 2003, SCCNFP 2004 (jetzt SCCP)) kontrovers beurteilt.
Was tun?
Haarfarben auf pflanzlicher Basis bieten dann eine mögliche Alternative zu chemischen Produkten, wenn der erkennbare Unterschied im Ergebnis in Kauf genommen wird.
Moderne Haarfärbemittel auf chemischer Basis – sachgemäß angewandt – erfüllen gleichfalls die hohen Anforderungen an den Verbraucherschutz.
Diese Beiträge auf Allum könnten Sie ebenfalls interessieren:
Literaturquellen
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (2011): Haarfärbemittel – Erste Ergebnisse der Überprüfungen auf Nitrosamine (2009).
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2008): BfR warnt vor Henna-Tatoos. Mitteilung vom 18.07.2007 (Zuletzt aufgerufen im Februar 2016).
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2009): Haare färben ohne Risiko - geht das? Mitteilung vom 28.10.2009 (Zuletzt aufgerufen im Februar 2016).
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2014): Fragen und Antworten zur Risikobewertung von kosmetischen Mitteln. Artikel vom 28.01.2014 (Zuletzt aufgerufen im Februar 2016).
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2014): Haarfarben: Selbsttest kann Allergien verursachen. Stellungnahme Nr. 015/2014 (Zuletzt aufgerufen im Februar 2016).
- Consumer safety – EU Cosmetics Directive makes hair dyes safer, Health and Consumer e-News, 03. August 2012.
- Efird, J. T., Holly, E. A., Cordier, S., Mueller, B. A., Lubin, F., Filippini, G., Peris-Bonet, R., McCredie, M., Arslan, A., Bracci, P., Preston-Martin, S. (2005): Beauty product-related exposures and childhood brain tumors in seven countries: results from the SEARCH International Brain Tumor Study. J Neurooncol.;72(2), S. 133-47.
- Holly, E. A., Bracci, P. M., Hong, M. K., Mueller, B. A., Preston-Martin, S. (2002): West Coast study of childhood brain tumours and maternal use of hair-colouring products. Paediatr Perinat Epidemiol;16(3), S. 226-35.
- IKW (2011): Regelung zum Färben der Haare für Jugendliche unter 16 Jahren. Online verfügbar unter: www.ikw.org/schoenheitspflege/ (Zuletzt aufgerufen im August 2015).
- Kelsh, M. A., Alexander, D. D., Kalmes, R. M. und Buffler, P. A. (2008): Personal use of hair dyes and risk of bladder cancer: a meta-analysis of epidemiologic data. Cancer Causes Control. Vol. 19, S. 549-558.
- Kogevinas, M., Fernandez, F., Garcia-Closas, M., Tardon, A., Garcia-Closas, R., Serra, C., Carrato, A., Castano-Vinyals, G., Yeager, M., Chanock, S. J., Lloreta, J., Rothman, N., Real, F. X., Dosemeci, M., Malats, N., Silverman, D. (2006): Hair dye use is not associated with risk for bladder cancer: evidence from a case-control study in Spain. Eur J Cancer. 2006 Jul;42(10) S. 1448-54. Epub 2006 Jun 5.
- Nohynek, G.J. (2010): Systemische Exposition von Menschen gegenüber oxidativer Haarfarbe. Umweltmed Forsch Prax Band 15, S. 175 – 176.
- Öko-Test (2004): Im (Farb)ton vergriffen. Öko-Test Heft 1, S. 12-18.
- Öko-Test (2005): Kein Bunt fürs Leben. Öko-Test Heft 6, S. 50-55.
- Öko-Test (2008): Test Haarfarben. Öko-Test Heft 11, S. 100 – 101.
- SCCP Scientific Committee on Consumer Products (2009): Online verfügbar unter: ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_sccp/sccp_opinions_en.htm#2 (Seite nicht mehr verfügbar, Stand Februar 2015).
- Schnuch, A. (2010): Allergien gegen Haarfarben. Umweltmed Forsch Prax, Band 15, S. 177-178.
- Stiftung Warentest (2005): Flüchtiges Rot TEST Heft 11 (2005) S. 26 - 31(Zuletzt aufgerufen im September 2014).
- Stiftung Warentest (2009): Schönfärberei gegen Grau. TEST Heft 6 (2009) (Zuletzt aufgerufen im September 2014).
- Stiftung Warentest (2013): Dunkelbraun statt Grau. TEST Heft 5 (2013) (Zuletzt aufgerufen im September 2014).
- Takkouche, B., Etminan, M., Montes-Martinez, A. (2005): Personal use of hair dyes and risk of cancer: A meta-analysis. JAMA; 293(20), S. 2516-2525.
Autor/innen: Dr. M. Otto | Prof. K. E. von Mühlendahl Zuletzt aktualisiert: 17.07.2024