Lymphozytentransformationstest

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Lymphozytentransformationstest

Der Lymphozytentransformationstest (LTT) ist ein Allergietest, der mit Patientenblut durchgeführt wird. Er gehört in die Gruppe der in-vitro-Allergieteste, weil die Testung nicht direkt am Patienten erfolgt.

Die Durchführung des Lymphozytentransformationstests bedarf eines hoch qualifizierten Labors, damit bekannte Fehlerquellen berücksichtigt werden und in die Bewertung einfließen können. Die Beurteilung der Ergebnisse erfordert zwingend den Einbezug weiterer klinischer Befunde und Allergietests, damit die falsch-negativen oder falsch-positiven Ergebnisse erkannt werden können.

Der Lymphozytentransformationstest ist damit nur einem kleinen Kreis von spezialisierten, immunologisch versierten Allergieärzten vorbehalten und gehört nicht zur Routineuntersuchung in der allergologischen Praxis. Für die Routine reicht eine sorgfältige Anamnese und technisch einfachere und auch sichere Hautteste wie zum Beispiel der Pricktest aus.

Für die weitergehende Allergiediagnostik, spezielle Fragestellungen und Problemfälle, wie sie z.B. bei der Diagnostik der Medikamentenallergie bestehen können, kann der Test hilfreich sein. Allerdings ist auch hier die Aussagefähigkeit abhängig von dem untersuchten Antigen, der Erfahrung des Labors und des Allergologen. Die Methode hat einen besonderen Stellenwert in der Allergieforschung und wird sicher weiterentwickelt werden. Möglicherweise wird sich dann auch der Stellenwert eines verbesserten Lymphozytentransformationstests in der alltäglichen Allergiediagnostik noch ändern.

Beschreibung

Der Lymphozytentransformationstest (LTT) wird seit circa 35 Jahren angewendet (Gimenez-Camarasa et. al. 1975). Er ist kein standardisierter Test, Modifikationen des Testes müssen je nach dem zu testenden Antigen erfolgen (Bussa 1993).

Für den Test werden Lymphozyten verwendet, das sind wichtige Zellen für Abwehrreaktionen des Körpers gegen Antigene. Man unterscheidet:

  • Lymphozyten, die die Antikörper produzieren und
  • Lymphozyten, die eine entscheidende Rolle in der Steuerung der Abwehrvorgänge haben.

Der Begriff Antigen (engl. für Antibody generating) umfasst alle Stoffe, die eine Immunreaktion des Körpers durch Antikörper und Lymphozyten provozieren. Dies können sowohl Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien sein, als auch andere Stoffe aus der Umwelt. Kommt es bei nicht infektiösen Stoffen zur Reaktion, wird das Antigen zum Allergen.

Lymphozyten, die erstmals mit einem Antigen in Kontakt kommen, werden sensibilisiert um bei einem zweiten Kontakt die Angreifer zu eliminieren. Hierzu ist eine rasche Zellteilung erforderlich. Dieser Vorgang geht notwendigerweise mit der Bildung von Desoxyribonukleinsäure (DNA) für die Verdopplung des Erbguts der Zelle einher. Hierfür benötigen die Zellen den DNA-Baustein Thymidin (Bussa 1993).

Das Grundprinzip des Lymphozytentransformationstests besteht darin, dass die Lymphozyten mit dem zu testenden Antigen in Verbindung gebracht werden. Nach einer Einwirkzeit wird den Zellen radioaktiv markiertes Thymidin zugesetzt. Die Menge des von den Zellen aufgenommenen radioaktiven Thymidin ist abhängig davon

  • wie schnell sich die Zellen teilen,
  • ob sie sich schon mit der zu testenden Substanz im Sinn einer Allergiebereitschaft auseinandergesetzt haben (Sensibilisierung)
  • und wie stark sie dadurch angeregt wurden ( Stimulation der Lymphozyten).

Beschreibung der Methode (Bussa 1993)

Die Lymphozyten werden durch mehrere Isolationsschritte und Reinigungsvorgänge aus dem Vollblut getrennt. Zusammen mit einem Kulturmedium werden die gereinigten Zellen und dem zu testenden Antigen über fünf Tage unter optimalen Lebens- und Wachstumsbedienungen gelagert (inkubiert). 20 Stunden vor der Auswertung wird radioaktiv markiertes Thymidin (3H-Thymidin) zugegeben. Anschließend wird die in die DNS eingebaute Radioaktivität als Maß für die Zellteilung gemessen. Da die Methode nicht standardisiert werden kann, werden zu jedem Test Vergleichsproben angesetzt: eine Positivkontrolle und eine Negativkontrolle. Der Positivkontrolle wird Lektin zugesetzt, eine Substanz, die bei unbeschädigten Lymphozyten zu einer besonders starken Zellvermehrung führt. Der Negativkontrolle wird keine stimulierende Substanz hinzugefügt, unter diesen Umständen sollte keine verstärkte Zellteilung stattfinden. Die Auswertung des Testes erfolgt anhand des Quotienten aus eingebauter Radioaktivität in der Positivkontrolle und der eingebauten Radioaktivität in der Negativkontrolle. Er wird als Stimulationsindex (SI) bezeichnet. Die Positivkontrolle kann einen SI bis etwa 100 einnehmen. Er zeigt, dass die Zellkultur in Ordnung ist und wie stark die Lymphozyten auf ein Antigen reagieren.

Ist der SI des Prüfansatzes mit dem verdächtigen Allergen höher als 3, so wird dieser in der Praxis als positiv bewertet. Er zeigt an, dass auf das Allergen sensibilisierte Lymphozyten im Blut vorhanden sind.

Die Beschreibung des Verfahrens macht deutlich, dass der Test durch den hohen Aufwand an Personal und technischen Geräten sehr kostenintensiv ist.

Aussagekraft / Interpretation der Ergebnisse

Der Lymphozytentransformationstest ist ein biologischer Test mit hoher Variabilität. Die Thymidin-Einbaurate der Positiv- und Negativkontrolle unterscheidet sich stark bei verschiedenen Patienten, da nur wenige Lymphozyten spezifisch reagieren.

Der Lymphozytentransformationstest beruht auf der Anregung der allergenspezifischen Lymphozyten zur Zellteilung in Anwesenheit des Allergens. Ein positives Ergebnis spricht somit für eine bestehende Sensibilisierung des Immunsystems gegenüber dem Allergen.

Damit ist jedoch nicht gesagt, dass das Antigen für eine Allergie verantwortlich ist. Der Lymphozytentransformationstest kann nur in Verbindung mit einer körperlichen Untersuchung sinnvoll interpretiert werden.

Anwendungsbereiche

Ein wichtiges Anwendungsgebiet des Lymphozytentransformationstests ist die Diagnostik der allergischen Reaktionen vom verzögerten Typ (Typ IV), die eine Abwehrreaktion des Körpers mit Hilfe der Lymphozyten darstellt. Die meisten Erfahrungen liegen im Bereich der Arzneimittel vor (Pilcher, Tilch 2004; Merck 2005). Die Bereitschaft zur Zellteilung variiert aber von Medikament zu Medikament (Pilcher, Tilch 2004).

Auch bei den Metallen gibt es starke Unterschiede in der Aussagekraft der Ergebnisse. Zu Metallen, die für Implantate verwendet werden, wurden in letzter Zeit vermehrt Untersuchungen durchgeführt (Thomas, Bandl Maier, et. al. 2006), die aber noch nicht ausreichen, um den Test für eine sichere Diagnostik einer Metallunverträglichkeit einzusetzen.

Durch diese Unsicherheiten erscheint eine präventive Testung von Implantatmetallen im Vorfeld einer Implantierung nur in begründeten Ausnahmefällen und bei entsprechendem Verdacht empfehlenswert.

Mit zunehmender Aufklärung der Abläufe allergischer Reaktionen und der Funktionen einzelner Abwehrzellen und ihrer Stoffwechselprodukte wurde erkannt, welche entscheidende Rolle die Lymphozyten und hier insbesondere die Untergruppe der T-Lymphozyten für die Entwicklung und Steuerung aller allergischen Reaktionen spielt. Deshalb kann der Lymphozytentransformationstest auch zur Abklärung von IgE-vermittelten allergischen Typ I-Reaktionen eingesetzt werden (Typ I-Reaktionen auf Medikamente, Nahrungsmittelallergie, Pollenallergie und Hausstaubmilbenallergie).

Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet ist die Forschung. Die durch den Test stimulierten T- Zellen sind Ausgangspunkt weiterer Untersuchungen, durch die die entzündliche, allergische Abwehrreaktion des Körpers weiter aufgeklärt werden können (Baxevanis 1994; Beyer 1997; Imai 1996). 

Bewertung des Lymphozytentransformationstest durch die Kommission “Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin” am Robert Koch-Institut (2008)

Zitat, Auszug:

Indikationen des LTT

Der Einsatz des “unspezifischen” LTT zur Analyse der Lymphozytenfunktion ist sicherlich sinnvoll zum Nachweis eines schweren zellulären Immundefektes; zum Nachweis einer Abwehrschwäche, die möglicherweise auf Umweltstoffe zurückzuführen ist, reicht jedoch seine Sensitivität nicht aus. Das Hauptindikationsgebiet des “spezifischen” LTT als diagnostischer Test liegt heute im Bereich der medikamentösen Allergien. Der LTT ist vor allem dann indiziert, wenn es sich um Medikamente handelt, die immer wieder wegen bestimmter Erkrankungen verschrieben werden müssen (Antirheumatika, Antibiotika, Antiarrhythmica, Antiepileptika). In solchen Fällen sollte gleichzeitig auf ähnliche Stoffgruppen getestet werden, um festzustellen, ob der Patient bereits gegenüber verwandten (kreuzreaktiven) Verbindungen sensibilisiert ist. Ferner eignet sich der LTT bei multitherapierten Patienten oder bei Patienten, die Kombinationspräparate erhalten, um das bestimmte Antigen zu identifizieren, das zur Auslösung einer Nebenwirkungsreaktion geführt hat.

Bei Umweltstoffen, mit denen jeder Mensch in Berührung kommen kann, ist zur Interpretation der LTT-Ergebnisse unbedingt notwendig, dass in Vor- oder Parallelversuchen an mehreren gesunden Probanden geklärt wird, ob und in welchem Ausmaß eine „Präsensibilisierung“ gegenüber diesen Antigenen besteht. Positive Reaktionen gegenüber solchen Antigenen mit Stimulationsindices zwischen 6 und 10 – in Einzelfällen sogar höher – können z.B. bei etwa 30 bis 40% von gesunden Probanden nachgewiesen werden, ohne dass allergische Symptome bei den Probanden auftraten. Die Bedeutung des LTT für die Umweltmedizin ist daher noch unklar. Ob und inwieweit der Test einen Beitrag auf diesem Gebiet zur besseren Identifizierung von allergischen Reaktionen gegen Umweltstoffe zu leisten vermag, muss daher noch in umfangreichen Studien abgesichert werden.

Interpretation

Der unspezifische LTT eignet sich nur zum Nachweis schwerer Immundefekte, eine gering eingeschränkte Funktion der Lymphozyten wie sie möglicherweise durch Umweltstoffe hervorgerufen wird, kann wegen seiner mangelnden Sensitivität sowie des großen physiologischen Schwankungsbereiches nicht erfasst werden. Gute Hinweise auf die Lymphozytenfunktion geben auch andere (einfacher durchzuführende) Teste, wie z.B. der Multimerieux-Test.

Der spezifische LTT erfasst nur die Sensibilisierung, nicht auf die speziellen Symptome selbst , d.h. er gibt nur Hinweise auf einen stattgefundenen Kontakt zu einem bestimmten Antigen nicht ob dieses Allergen dann auch zu Symptomen führt (siehe Punkt 3).

Ein positiver Befund im spezifischen LTT ist nicht gleichzusetzen mit einer klinischen Manifestation, andererseits schließt ein negativer Befund eine allergische Reaktion nicht aus.

Ein positiver Befund im “spezifischen” LTT darf nur in Zusammenhang mit klinischen Daten bewertet werden.

Einen gesicherten Stellenwert hat der spezifische LTT in der Diagnostik medikamentös-allergischer Reaktionen. Seine Aussagekraft im Bereich von „Umwelterkrankungen“ ist nur eingeschränkt und muss durch Studien belegt werden.

Nach dem Bewertungsraster der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ am Robert Koch-Institut (RKI), kann man den LTT folgendermaßen einordnen (Mitteilung der Kommission 2008):

  • Unspezifischer LTT zur Bestimmung der Lymphozytenfunktion:
    Kategorie II (“Eine Maßnahme kann bei gegebener umweltmedizinischer Indikation unter Vorbehalt empfohlen werden”).
  • Spezifischer LTT zum Nachweis einer medikamentös-allergischen Reaktion:
    Kategorie IA (“Eine Maßnahme kann bei gegebener umweltmedizinischer Indikation uneingeschränkt empfohlen werden”).
  • Spezifischer LTT zum Nachweis allergischer Reaktionen gegenüber „Umweltstoffen“:
    Kategorie III („Zu einer Maßnahme kann keine Empfehlung ausgesprochen werden, weil kein ausreichendes Untersuchungsmaterial vorliegt“).
  • Spezifischer LTT zum Nachweis einer Kontaktallergie gegenüber Nickel
    Kategorie II („Eine Maßnahme kann bei gegebener umweltmedizinischer Indikation unter Vorbehalten empfohlen werden.“)

Autor/innen: Dr. S. Schmidt    Zuletzt aktualisiert: 13.01.2024

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