Amalgam

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Amalgam

Dentalamalgame werden seit mehr als 150 Jahren in der zahnärztlichen Versorgung als Füllungsmaterial benutzt. Sie sind leicht herzustellen, preiswert und gut zu verarbeiten und entsprechen in Bezug auf ihre mechanischen Eigenschaften den Anforderungen, die an ein Füllungsmaterial im kaubeanspruchten Seitenzahnbereich gestellt werden.

Erhebliche Nachteile sind die fehlende Anpassung an die Zahnfarbe und die aus Amalgamen resultierende Quecksilberbelastung (s.u.).

Je nach Zusammensetzung und Korrosionsbeständigkeit der beim Härten entstehenden Kristallphasen unterscheidet man zwischen den älteren Gamma-2-haltigen und den neueren Gamma-2-freien Amalgamen.

Es wird geschätzt, dass etwa ein Viertel der Quecksilberproduktion (ca. 1 000 – 1 500 t pro Jahr) in die Amalgamherstellung fließt (UNEP 2013), allerdings mit fallender Tendenz.

Im Januar 2017 hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments entschieden, dass ab Juli 2018 Amalgam nicht mehr als Zahnfüllung bei Jugendlichen unter 15 Jahren sowie bei schwangeren und stillenden Frauen eingesetzt werden darf.

Gesundheitsrisiken

Aus Dentalamalgamen werden fortlaufend Quecksilber und andere Schwermetalle in geringen Mengen freigesetzt. Zum einen geben die Füllungen Quecksilberdampf ab, der in der Lunge zu etwa 80 Prozent aufgenommen wird. Dieses elementare Quecksilber wird in den Erythrozyten, der Leber und im Gehirn durch das Enzym Katalase oxydiert. Die amalgambedingte Quecksilberbelastung des Körpers kommt hauptsächlich auf diesem Weg zustande.

Zum anderen tragen auch Abrieb und Korrosionsvorgänge zur Quecksilberbelastung bei. Das metallische Quecksilber aus dem Amalgamabrieb wird im Magen-Darm-Trakt kaum resorbiert und trägt somit nur unwesentlich zur Quecksilberbelastung bei. Die aus der Korrosion stammenden Quecksilbersalze werden zu etwa 10 Prozent aufgenommen. Früher gelangten auf diese Weise zwischen 3,9 und 21 Mikrogramm Quecksilber pro Tag in den Körper, heute beträgt die Belastung etwa 2 bis 3 Mikrogramm (Kommission Human-Biomonitoring 1999, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2003). Eine von der Europäischen Kommission eingesetzte Amalgam-Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass die Quecksilbergesamtexposition der meisten Patienten mit Amalgamfüllungen unter 5 Mikrogramm pro Tag liegt.

Legen oder Entfernen von Amalgamfüllungen

Die Quecksilberbelastung beim Legen oder Entfernen von Amalgamfüllungen kann durch geeignete zahnärztliche Maßnahmen (Absaugen, Kofferdamm usw.) minimiert werden. Aus Vorsichtsgründen sollten während der Schwangerschaft, während der Stillzeit und bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen keine Amalgamfüllungen gelegt bzw. entfernt werden.

Kaugummikauen und nächtliches unbewusstes Zähneknirschen (Bruxismus) können die tägliche Aufnahme um den Faktor 5 bis 20 erhöhen.

Auf der Bevölkerungsebene sind Dentalamalgame neben dem Fischkonsum die wichtigste Quelle für die Quecksilberbelastung des Körpers. Von einigen Patienten und Patienteninitiativen werden Dentalamalgame für zahlreiche gesundheitliche Beschwerden, Störungen und Erkrankungen verantwortlich gemacht.

Stellungnahme SCENIHR vom 29. April 2015

Im April 2015 hat SCENIHR, der Wissenschaftliche Ausschuss der EU für neu identifizierte Gesundheitsrisiken eine fachlich ausgewogene Stellungnahme zur Sicherheit von Amalgam und zu Alternativstoffen abgegeben (SCENIHR 2015). 

Diagnostik

Amalgamallergie und Epikutantest (Hauttest)

Die Informationsschrift des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte stellt hierzu fest (BfArM 2003):

“In seltenen Fällen können bei sensibilisierten Personen allergische Erscheinungen auftreten, wobei sich die klassische Amalgamallergie in einer Typ-IV-Immunreaktion, d. h. einer zellvermittelten Reaktion vom Spättyp, äußert. Diese ist durch Haut- oder seltener Schleimhautreaktionen, wie z. B. Exantheme, Urtikaria, ekzematöse Hauterscheinungen oder Stomatitis gekennzeichnet. Trotz der hohen Anzahl weltweit gelegter Amalgam-Füllungen wird derzeit in der wissenschaftlichen Literatur nur eine geringe Zahl von Fällen einer sicher dokumentierten Amalgamallergie beschrieben. Bei Verdacht auf eine Allergie gilt der Hauttest (Epikutantest) als anerkanntes Nachweisverfahren. Dieser sollte durch einen entsprechend qualifizierten Arzt und unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Deutschen Kontaktallergiegruppe (DKG) zur Amalgamallergie (1994) durchgeführt werden.

Es ist darauf hinzuweisen, dass positive Reaktionen gegenüber anorganischem Quecksilber im Epikutantest weitaus häufiger als wirkliche Amalgamallergien sind, was als Ausdruck dafür gewertet werden kann, dass die äußere Haut empfindlicher als die Mundschleimhaut auf diese Allergene reagiert. Daher empfiehlt die DKG Amalgamfüllungen nur dann auszutauschen, wenn neben einer eindeutigen ekzematösen Reaktion im Hauttest auch charakteristische Veränderungen an der Mundschleimhaut, wie z. B. Stomatitis, lichenoide Reaktionen oder rezidivierende aphthöse Veränderungen in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit den Füllungen auftreten. In diesen Fällen sollte bei einer erneuten Kavitätenversorgung kein Amalgam mehr verwendet werden.”

Der Vorstand der Deutschen Kontaktallergiegruppe (DKG) weist in seiner aus dem Jahre 1994 stammenden Stellungnahme darauf hin, dass der Epikutantest mit standardisiertem Quecksilber(II)-Amidchlorid in Vaseline (1 Prozent) und Amalgam in Vaseline (5 Prozent) durchgeführt werden sollte. Zu fordern sind eine 24- bzw. 48stündige Exposition sowie Spätablesungen nach mindestens 72 Stunden. Der Test sollte nur von erfahrenen, dermatologisch versierten Allergologen vorgenommen werden.

Amalgamallergie und Lymphozytentransformationstest (LTT)

Der Lymphozytentransformationstest (LTT) und seine Modifikationen, wie z.B. der Lymphozytenstimulationstest (memory lymphocyte immunostimulation assay, “MELISA”), stellen in der Diagnostik allergischer Reaktionen gegen Amalgam keine Alternative zum Epikutantest (Hauttest) dar.

Es ist unbestritten, dass eine Exposition gegenüber Metallen zu Autoimmunreaktionen führen kann. Mit Hilfe des LTT können jedoch lediglich Sensibilisierungen nachgewiesen werden, die klinische Bedeutung dieser Sensibilisierung geht aus dem LTT und dessen Modifikationen nicht hervor (Kommission “Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin” am RKI, 2002 und 2007).

Amalgamallergie und unkonventionelle Methoden

Zur Abschätzung einer Belastung durch Amalgam sind unkonventionelle Methoden wie z.B. die Elektroakupunktur nach Voll, die Bioresonanztherapie, die Kinesiologie oder vergleichbare Verfahren nicht geeignet (BfArM 2003).

Biomonitoring

Falls aus umweltmedizinischer Sicht Biomonitoringuntersuchungen angeraten werden, sollte die Quecksilberbestimmung im 24-Stunden-Urin bzw. im Morgenurin ohne Gabe von Komplexbildnern erfolgen.

Nähere Informationen zur Bestimmung der Quecksilberbelastungen finden sich hier.

Einsatz von Komplexbildnern (Mobilisationstest)

Oft wird versucht, das Quecksilber in den Zielorganen, insbesondere in der Niere, durch die Gabe von Komplexbildnern (meist DMPS, gelegentlich auch DMSA) zu mobilisieren. Der Komplexbildner soll quasi als “toxikologisches Vergrößerungsglas” wirken und gleichzeitig zur Schwermetallentgiftung beitragen. Allerdings erbringt der Mobilisationstest unter Verwendung eines Komplexbildners keine Erkenntnisse, die über die normale Quecksilberbestimmung im Urin hinausgehen.

Die Urinuntersuchung ist auch ohne Mobilisation empfindlich genug, um eine mögliche Quecksilberbelastung zu erkennen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weist ausdrücklich darauf hin, dass Komplexbildner zu unerwünschten Wirkungen (Fieber, Schüttelfrost, schwere allergische Hauterscheinungen, Herz-Kreislauf-Symptome, Störungen des Mineralhaushaltes usw.) führen können.

Komplexbildner sind für die Indikation “Amalgamvergiftung” nicht zugelassen (BfArM 2003).

Amalgam und Krebsrisiko

Geht von Amalgamfüllungen möglicherweise ein Krebsrisiko aus? Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) hält dies für wenig wahrscheinlich (Stellungnahme).

Bei einer etwaigen Krebserkrankung besteht keine medizinische Notwendigkeit, intakte Amalgamfüllungen entfernen zu lassen.

Gut zu wissen

Bei der Herstellung von Dentalamalgamen wird ein Legierungspulver, das hauptsächlich aus Silber, Zinn und Kupfer besteht, mit etwa dem gleichen Massenanteil an elementarem Quecksilber vermischt. Der Quecksilbergehalt im fertigen Amalgam liegt also bei ca. 50 %. Beim Erhärten des Amalgams entstehen verschiedene Kristallphasen, die sich unter anderem in ihrer Metallzusammensetzung und in ihrer Korrosionsbeständigkeit unterscheiden. Sie werden als Gamma-1-, Gamma-2- und Eta-Phase bezeichnet. Aus gesundheitlicher Sicht ist besonders die Gamma-2-Phase von Bedeutung. Sie besteht aus unedlem Zinn und Quecksilber, bei Korrosion werden diese beiden Metalle freigesetzt. Gamma-2-freie Amalgame (“non-Gamma-2-Amalgame”) enthalten im Legierungspulver einen Silberanteil von mindestens 40 Prozent, maximal 32 Prozent Zinn, maximal 30 Prozent Kupfer, maximal 3 Prozent Quecksilber und maximal 2 Prozent Zink.

Die unedelste und damit am meisten korrosionsgefährdete Kristallphase ist nun quecksilberfrei: sie enthält Kupfer und Zinn. Insgesamt sind Gamma-2-freie Amalgame gut korrosionsbeständig.

Empfohlene Vorgehensweise bei Patienten mit Verdacht auf amalgambedingte Gesundheitsstörungen

Die Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ empfiehlt in ihrer Stellungnahme vom September 2007 den Ärzten, bei Vorstellung von Patienten mit selbstvermuteter “Amalgamkrankheit” ausführliche differentialdiagnostische Überlegungen und Untersuchungen anzustellen und mit dem Patienten zu besprechen, dass die meist unspezifischen Symptome wie Konzentrationsschwäche, Abgeschlagenheit und Kopfschmerz vielerlei Ursachen haben können und nicht für eine Quecksilberbelastung typisch sind.

Für die gelegentlich vermuteten Zusammenhänge zwischen Amalgam und bestimmten Krankheiten (wie z.B. Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, ALS, Autismus, Hormonstörungen und multipler Sklerose) gibt es keine Belege, die einer wissenschaftlichen Prüfung standhalten würden.

Aus umweltmedizinischer Sicht können folgende Ratschläge zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen gegeben werden:

Beurteilung der Qualität von Amalgamfüllungen, Legen und Entfernen

Ob Amalgamfüllungen als Ursache für eine bestehende erhöhte Quecksilberbelastung des Körpers in Frage kommen, kann nur ein erfahrener Umweltmediziner und der Zahnarzt feststellen.

Dabei spielen die Anzahl und Größe der Füllungen, Korrosion, Abrieb und der direkte Kontakt zu anderen Legierungen eine Rolle.

Die Quecksilberbelastung beim Legen oder Entfernen von Amalgamfüllungen kann durch geeignete zahnärztliche Maßnahmen (Absaugen, Kofferdamm usw.) minimiert werden. Der Zahnarzt wird bei einer Amalgamentfernung auf ausreichende Wasserspraykühlung (mindestens 50 mL pro Minute) achten und den Bohrer mit möglichst geringem Führungsdruck führen. Unter diesen Bedingungen ist die Quecksilberbelastung am geringsten (Lichtnecker et al. 1997).

Polieren

Durch Polieren erzeugt der Zahnarzt an der Oberfläche jeder neuen Amalgamfüllung eine Oxydschicht, welche die Quecksilberabgabe minimiert. Daher stellen fachgerecht gelegte und polierte Amalgamfüllungen in den allermeisten Fällen kein Gesundheitsrisiko dar. Die Politur sollte frühestens  24 Stunden nach Legen der Amalgamfüllung erfolgen.

Kaugummikauen

Regelmäßiges Kaugummikauen kann die Oxydschicht der Amalgamfüllungen beschädigen. Daher sollte auf allzu häufigen Kaugummigenuss verzichtet werden. Die beste Vorbeugung gegenüber einer amalgambedingten Quecksilberbelastung ist natürlich die Kariesprophylaxe.

Entgiftung mit Chelatbildnern

Zur “Entgiftung” mittels Chelatbildnern (beispielsweise DMPS) nimmt die Kommission Human-Biomonitoring wie folgt Stellung:

“Nach den hier vorliegenden Erkenntnissen sieht die Kommission keine Indikation für die Anwendung von Chelatbildnern im umweltmedizinischen Bereich, z. B. auch nicht nach der Entfernung von Amalgamfüllungen. Weder die Wirksamkeit noch die Harmlosigkeit dieser Substanzen ist in der Umweltmedizin ausreichend belegt. Dies gilt insbesondere auch für den Einsatz von Chelatbildnern als Diagnostikum (Mobilisationstest).”

Kontroverse Diskussion

Seit vielen Jahren werden Dentalamalgame in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen kontrovers diskutiert. Die zuständigen Einrichtungen haben auf diese Diskussion reagiert – hier ein kurzer Überblick über die behördlichen Regelungen und Stellungnahmen der letzten Jahre (Sachstand: Mai 2015):

1992 verfügte das damalige Bundesgesundheitsamt, dass Amalgame nur noch für den kautragenden Bereich der Seitenzähne verwendet werden dürfen. Mit Wirkung vom 01. Juli 1995 wurden vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weitere Einschränkungen der Amalgamanwendung angeordnet. Im seinerzeit formulierten Wortlaut der “Gebrauchs- und Fachinformation” waren unter anderem folgende Anwendungsbeschränkungen enthalten:

  • Amalgamallergie (nachgewiesen)
  • Schwangerschaft
  • Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter
  • Kinder unter 6 Jahren
  • Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen
  • retrograde Wurzelfüllungen

Das BfArM wies ausdrücklich darauf hin, „dass kein Anlass besteht, vorhandene klinisch einwandfreie Amalgamfüllungen – insbesondere bei Kinderwunsch – entfernen zu lassen.”

1997 wurde vom Bundesministerium für Gesundheit, vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und zahnärztlichen Vereinigungen und Gesellschaften ein Konsenspapier zur Amalgamverwendung veröffentlicht.

Seit dem 14.06. 1998 unterliegen Amalgam und andere Füllungsmaterialien dem europäischen und deutschen Medizinproduktrecht. Dieses besagt, dass entsprechende Produkte geprüft und zertifiziert werden müssen, bevor sie in Verkehr gebracht werden.

Herbst 2007 a: Der bei der Europäischen Kommission angesiedelte Wissenschaftliche Ausschuss “Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken” (European Commission Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks, SCENIHR) hat den Auftrag erhalten, eine wissenschaftliche Stellungnahme zur Sicherheit von Dentalamalgam und alternativen Werkstoffen abzugeben. Diese ist inzwischen veröffentlicht worden.

Herbst 2007 b: Die beim Robert Koch-Institut angesiedelte Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ hat im September 2007 eine Stellungnahme zu Amalgam aus umweltmedizinischer Sicht veröffentlicht (RKI 2007). 

April 2008: Anfang April 2008 wurde eine Pressemitteilung zur umfangreichen GAT-(German Amalgam Trial)-Studie veröffentlicht. In diesem zwölf Jahre dauernden Projekt untersuchten “schulmedizinische” und “komplementärmedizinische” Einrichtungen in mehreren Teilprojekten das Schädigungspotential von Amalgam, die diagnostischen Möglichkeiten sowie geeignete Therapien. Beispielsweise wurden erstmals die Auswirkungen einer Amalgamentfernung bei Erwachsenen erforscht.

Dieter Melchart vom Münchner Klinikum rechts der Isar betont, dass die Ergebnisse nicht dahingehend interpretiert werden dürften, dass Amalgam-Füllungen grundsätzlich keine Beschwerden auslösen können. Doch die Entfernung der Füllungen bei Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Müdigkeit sei meist unnötig.

Nov. 2010: Beschluss der Generalversammlung der FDI zum Quecksilberabkommen des United Nations Environmental Program (UNEP):

“Der Weltverband der Zahnärzte als die weltweite, maßgebliche und unabhängige Stimme der Zahnärzteschaft fordert die Regierungen auf, eine effektive Kariesprävention und die damit verbundenen Programme zur Gesundheitsförderung zu unterstützen und zu intensivieren. Dies sollte in Verbindung mit einer präventiven Gesundheitsvorsorge geschehen, die den schrittweisen Verzicht auf die derzeit gängigen Restaurationsmaterialien einschließlich Dentalamalgam beinhaltet. Mit diesen Maßnahmen wird eine optimale Mundgesundheit besonders für die am meisten benachteiligten und behandlungsbedürftigen Bevölkerungsteile erreicht.

Amalgam ist ein sicheres und hoch wirksames Restaurationsmaterial. Um die globale öffentliche Gesundheit zu erhalten und zu schützen, ist ein schrittweiser Verzicht auf Amalgam erst dann sinnvoll, wenn ein zweckmäßiges und geeignetes anderes Restaurationsmaterial als Alternative zur Verfügung steht.”

cf: (März 2014): www.zm-online.de/home/nachricht/Amalgam-UN-foerdert-Alternativen_91580.html

Minamata-Konferenz und Minamata-Papier (2013): In der Minamata-Konvention, deren Verabschiedung in den kommenden 2 – 3 Jahren erwartet wird, ist ein “phase-out” für Amalgam festgeschrieben worden (G. Schmalz, 2014, link)

SCHER zu Amalgam (2014): Das Scientific Committee on Health and Environmental Risks (SCHER) hat in seiner Stellungnahme vom 10.03.2014 (“Opinion on the environmental risks and indirect health effects of mercury from dental amalgam (update 2014)” Szenarien zur Quecksilberfreisetzung in die Umwelt untersucht. Unter “worst case-Bedingungen” (hohe örtliche Zahnarztdichte mit hohem Amalgamverbrauch ohne Amalgamabscheider in der Praxis) könnte ein nicht unbeträchtlicher Anteil des Quecksilbers in das toxikologisch bedenklichere Methylquecksilber umgewandelt werden.

Bezüglich quecksilberfreier Alternativen zu Füllungsmaterialien auf Amalgambasis (z.B. Bis-DMA) verweist SCHER auf die SCENIHR-Stellungnahme zu Bisphenol a (BPA) von 2014.

SCENIHR zu Amalgam (2015): 

Nach den derzeit vorliegenden Erkenntnissen ist  die Verwendung sowohl von Amalgam als auch von alternativen Zahnfüllungsmaterialien statthaft. Das Füllungsmaterial sollte individuell – entsprechend den Lebensumständen des Patienten – (Milchzähne oder bleibende Zähne, Schwangerschaft, Allergien gegenüber Quecksilber oder anderen Inhaltsstoffen der Füllungsmaterialien, Nierenfunktion) ausgewählt werden. SCENIHR fordert die Entwicklung von Zahnfüllungsmaterialien mit einem hohen Grad von Biokompatibilität.

Andere Meinungen

Anderslautende Meinungen zu Dentalamalgam wurden u.a. vom Deutschen Berufsverband der Umweltmediziner (dbu), von der Amalgamselbsthilfegruppe SEKIS, Berlin und von J. Mutter in einer Literaturstudie (April 2005), in seiner Stellungnahme zur Münchener Amalgamstudie (Mutter 2008) und in einem Offenen Brief an die Patientenbeauftragte vom August 2009 geäußert.

Im Internet findet sich eine gute Zusammenfassung der Amalgamdiskussion unter der Adresse www.kzbv.de.

Abschließende Bewertung

Amalgam als Ursache von Beschwerden

Um zu klären, ob Dentalamalgam als Ursache für gesundheitliche Beschwerden in Frage kommt, sollte zunächst von einem Zahnarzt der Zustand der Amalgamfüllungen untersucht werden.

Anschließend sollte ein erfahrener Allergologe entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Kontaktallergiegruppe einen Epikutantest vornehmen.

Ärztlicherseits wird zur Entfernung von Amalgamfüllungen dann angeraten, wenn mittels Hauttest (Epikutantest) eine Amalgamallergie nachgewiesen wurde und es zu charakteristischen Veränderungen an der Mundschleimhaut in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit den Füllungen gekommen ist. Amalgamallergien sind allerdings sehr selten.

Falls aus umweltmedizinischer Sicht Biomonitoringuntersuchungen angeraten werden, sollte die Quecksilberbestimmung im 24-Stunden-Urin bzw. im Morgenurin erfolgen. Hierbei sollte auf die Gabe von Komplexbildnern verzichtet werden.

Die umweltmedizinische Bewertung erfolgt anhand der Referenz- und HBM-Werte (Kommission “Human-Biomonitoring” des Umweltbundesamtes) unter Einbeziehung der privaten Lebenssituation, Essgewohnheiten, etwaiger beruflicher Expositionen usw. Bei wiederholter amalgambedingter Überschreitung des HBM-I-Wertes sollte gegebenenfalls der Selenstatus überprüft werden (die Selenkonzentration im Blutserum sollte 50 Mikrogramm Selen pro Liter übersteigen).

Zukünftige Verwendung von Zahnamalgamen

Die Kommission “Methoden und Qualitätsicherung in der Umweltmedizin” hält eine weitere Minimierung der zahnärztlichen Amalgamverwendung für wünschenswert (RKI 2007). Der Wissenschaftliche EU-Ausschuss SCENIHR teilt diese Auffassung (SCENIHR 2015).

Aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sollten Amalgamfüllungen nicht mehr gelegt werden:

  • bei Sanierungsmaßnahmen am Milchgebiß
  • während der Schwangerschaft und Stillzeit
  • beim Vorhandensein anderer metallischer Zahnwerkstoffe mit direktem Kontakt mit den (zu legenden) Amalgamfüllungen
  • bei der Diagnose so genannter lichenoider Reaktionen im Mundbereich
  • bei Patienten mit Niereninsuffizienz
  • bei festgestellter Allergie (Typ IV) gegenüber Amalgam.

Nach einer Entscheidung des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments darf ab Juli 2018 Amalgam nicht mehr als Zahnfüllung bei Jugendlichen unter 15 Jahren sowie bei schwangeren oder stillenden Frauen eingesetzt werden.

Zusätzliche Informationen

Der bei der Europäischen Kommission angesiedelte Wissenschaftliche Ausschuss “Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken” (European Commission Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks, SCENIHR) hat den Auftrag erhalten, eine wissenschaftliche Stellungnahme zur Sicherheit von Dentalamalgam und alternativen Werkstoffen abzugeben. Diese ist inzwischen veröffentlicht worden (SCENIHR April 2015).

Nach Auffassung des Ausschusses sind sowohl die Versorgung mit Dentalamalgam als auch die Versorgung mit alternativen Materialien zur Wiederherstellung der Zahngesundheit geeignet. Beide (!) Versorgungsarten können in seltenen Fällen lokale Reaktionen hervorrufen. Hinweise auf eine so genannte systemische Wirkung (gesundheitliche Folgen für den Körper in seiner Ganzheit) liegen nicht vor. Gleichzeitig sollte verstärkt nach alternativen Füllungsmaterialien mit hoher Biokompatibilität gesucht werden.

Über das Quecksilberverbot in zahlreichen Bedarfsgegenständen und Medizinprodukten einschließlich Amalgam auf EU-Ebene informiert der Allum-Beitrag “Quecksilber”.

Diese Beiträge auf Allum könnten Sie ebenfalls interessieren:

  • Autorenkollektiv (1997): Restaurationsmaterialien in der Zahnheilkunde (Konsenspapier des Bundesministeriums für Gesundheit, Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte, der Bundeszahnärztekammer, Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung, Stand 1.7.1997). Erhältlich über die Pressestelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bonn.
  • Autorenkollektiv (2000): Standardisierte Vorgehensweise in der Klinischen Umweltmedizin: Patienten mit abklärungs- und gegebenenfalls therapiebedürftigen Gesundheitsstörungen bei Verdacht auf "Amalgambelastung". Umweltmed Forsch Prax 5 (2); S. 120-123.
  • BfArM (2003): www.bfarm.de
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Pressemitteilung (1995): BfArM ordnet weitere Einschränkungen in der Amalgam-Anwendung an.
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (2003): Amalgame in der zahnärztlichen Therapie (online nicht mehr verfügbar).
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  • Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes Berlin: (1999). Stoffmonographie Quecksilber - Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM). Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 42 (6): S. 522-532.
  • Kommission "Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin" am Robert Koch-Institut (RKI) (2002): Diagnostische Relevanz des Lymphozytentransformationstestes in der Umweltmedizin. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 45 (9): S. 745-749.
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Autor/innen: Dr. M. Otto | Prof. K. E. von Mühlendahl | S. Höppner, M. A.    Zuletzt aktualisiert: 21.12.2023

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