Amalgam

Zurück

Ihre Suchergebnisse:

Amalgam

Vorbemerkung:

Ab dem 1. Januar 2025 gilt EU-weit ein grundsätzliches Verbot für die Verwendung von Dentalamalgam bei neuen Zahnfüllungen. Das betrifft sowohl Erwachsene als auch Jugendliche. Hintergrund ist die EU-Verordnung 2024/1849, die entsprechend der Minamata-Konvention die Verbreitung von Quecksilber – einem Hauptbestandteil von Amalgam – in der Umwelt weiter eindämmen soll.

Da aber viele ältere Menschen noch Amalgamfüllungen in ihren Zähnen haben und diese weiterhin minimale Quecksilbermengen freisetzen, ist der nachfolgende Text zur früher heiß diskutierten „Amalgamproblematik“ erneut durchgesehen worden. Dazu sind aktuelle Daten und Bestimmungen (z.B. zu Ausnahmen vom Amalgamverbot und Links zu Behandlungsalternativen) eingearbeitet worden.

Amalgam

Dentalamalgame wurden mehr als 150 Jahre lang in der zahnärztlichen Versorgung als Füllungsmaterial benutzt. Sie sind leicht herzustellen, preiswert und gut zu verarbeiten und entsprechen in Bezug auf ihre mechanischen Eigenschaften den Anforderungen, die an ein Füllungsmaterial im kaubeanspruchten Seitenzahnbereich gestellt werden.

Erhebliche Nachteile sind die fehlende Anpassung an die Zahnfarbe und die aus Amalgamen resultierende Quecksilberbelastung (s.u.).

Je nach Zusammensetzung und Korrosionsbeständigkeit der beim Härten entstehenden Kristallphasen unterscheidet man zwischen den älteren Gamma-2-haltigen und den (vergleichsweise) neueren Gamma-2-freien Amalgamen. In die breite zahnärztliche Praxis wurden gamma-2-freie Amalgame in den 1980er Jahren eingeführt. Ab etwa 1992 wurden in Deutschland und vielen anderen Ländern ausschließlich gamma-2-freie Amalgame eingesetzt.

Bereits vor dem Amalgamverbot ab 1.1.2025 hatte der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments entschieden, dass ab Juli 2018 Amalgam nicht mehr als Zahnfüllung bei Jugendlichen unter 15 Jahren sowie bei schwangeren und stillenden Frauen eingesetzt werden durfte.

Gesundheitsrisiken

Aus Dentalamalgamen werden fortlaufend Quecksilber und andere Schwermetalle in geringen Mengen freigesetzt. Zum einen geben die Füllungen Quecksilberdampf ab, der in der Lunge zu etwa 80 Prozent aufgenommen wird. Dieses elementare Quecksilber wird in den Erythrozyten, der Leber und im Gehirn durch das Enzym Katalase oxydiert. Die amalgambedingte Quecksilberbelastung des Körpers kommt hauptsächlich auf diesem Weg zustande.

Zum anderen tragen auch Abrieb und Korrosionsvorgänge zur Quecksilberbelastung bei. Das metallische Quecksilber aus dem Amalgamabrieb wird im Magen-Darm-Trakt kaum resorbiert und trägt somit nur unwesentlich zur Quecksilberbelastung bei. Die aus der Korrosion stammenden Quecksilbersalze werden zu etwa 10 Prozent aufgenommen. Früher gelangten auf diese Weise zwischen 3,9 und 21 Mikrogramm Quecksilber pro Tag in den Körper,1999 betrug die Belastung etwa 2 bis 3 Mikrogramm (Kommission Human-Biomonitoring 1999, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2003). Eine von der Europäischen Kommission eingesetzte Amalgam-Arbeitsgruppe kam zu dem Schluss, dass die Quecksilbergesamtexposition der meisten Patienten mit Amalgamfüllungen unter 5 Mikrogramm pro Tag liegt.

Legen oder Entfernen von Amalgamfüllungen

Die Quecksilberbelastung beim Legen oder Entfernen von Amalgamfüllungen konnte durch geeignete zahnärztliche Maßnahmen (Absaugen, Kofferdamm usw.) minimiert werden. Aus Vorsichtsgründen sollten auch bereits vor dem jetzt geltenden Amalgamverbot während der Schwangerschaft, der Stillzeit und bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen keine Amalgamfüllungen gelegt bzw. entfernt werden.

Kaugummikauen und nächtliches unbewusstes Zähneknirschen (Bruxismus) können die tägliche Aufnahme um den Faktor 5 bis 20 erhöhen.

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind Dentalamalgame neben dem Fischkonsum die wichtigste Quelle für die Quecksilberbelastung des Körpers.

Im April 2015 hat SCENIHR, der Wissenschaftliche Ausschuss der EU für neu identifizierte Gesundheitsrisiken eine fachlich ausgewogene Stellungnahme zur Sicherheit von Amalgam und zu Alternativstoffen abgegeben (SCENIHR 2015). 

Diagnostik

Amalgamallergie und Epikutantest (Hauttest)

Die Informationsschrift des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte stellt hierzu fest (BfArM 2003):

“In seltenen Fällen können bei sensibilisierten Personen allergische Erscheinungen auftreten, wobei sich die klassische Amalgamallergie in einer Typ-IV-Immunreaktion, d. h. einer zellvermittelten Reaktion vom Spättyp, äußert. Diese ist durch Haut- oder seltener Schleimhautreaktionen, wie z. B. Exantheme, Urtikaria, ekzematöse Hauterscheinungen oder Stomatitis gekennzeichnet. Trotz der hohen Anzahl weltweit gelegter Amalgam-Füllungen wird derzeit in der wissenschaftlichen Literatur nur eine geringe Zahl von Fällen einer sicher dokumentierten Amalgamallergie beschrieben. Bei Verdacht auf eine Allergie gilt der Hauttest (Epikutantest) als anerkanntes Nachweisverfahren. Dieser sollte durch einen entsprechend qualifizierten Arzt und unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Deutschen Kontaktallergiegruppe (DKG) zur Amalgamallergie (1994) durchgeführt werden.

Es ist darauf hinzuweisen, dass positive Reaktionen gegenüber anorganischem Quecksilber im Epikutantest weitaus häufiger als wirkliche Amalgamallergien sind, was als Ausdruck dafür gewertet werden kann, dass die äußere Haut empfindlicher als die Mundschleimhaut auf diese Allergene reagiert. Daher empfiehlt die DKG Amalgamfüllungen nur dann auszutauschen, wenn neben einer eindeutigen ekzematösen Reaktion im Hauttest auch charakteristische Veränderungen an der Mundschleimhaut, wie z. B. Stomatitis, lichenoide Reaktionen oder rezidivierende aphthöse Veränderungen in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit den Füllungen auftreten. In diesen Fällen sollte bei einer erneuten Kavitätenversorgung kein Amalgam mehr verwendet werden.”

Der Vorstand der Deutschen Kontaktallergiegruppe (DKG) hat in seiner aus dem Jahre 1994 stammenden Stellungnahme darauf hingewiesen, dass der Epikutantest mit standardisiertem Quecksilber(II)-Amidchlorid in Vaseline (1 Prozent) und Amalgam in Vaseline (5 Prozent) auf dem Rücken durchgeführt werden sollte. Zu fordern sind eine 24- bzw. 48stündige Exposition sowie verpflichtende Spätablesungen nach mindestens 72 Stunden. Der Test sollte nur von erfahrenen, dermatologisch versierten Allergologen vorgenommen werden.

Amalgamallergie und Lymphozytentransformationstest (LTT)

Der Lymphozytentransformationstest (LTT) und seine Modifikationen, wie z.B. der Lymphozytenstimulationstest (memory lymphocyte immunostimulation assay, “MELISA”), stellen in der Diagnostik allergischer Reaktionen gegen Amalgam keine Alternative zum Epikutantest (Hauttest) dar.

Es ist unbestritten, dass eine Exposition gegenüber Metallen zu Autoimmunreaktionen führen kann. Mit Hilfe des LTT können jedoch lediglich Sensibilisierungen nachgewiesen werden, die klinische Bedeutung dieser Sensibilisierung geht aus dem LTT und dessen Modifikationen nicht hervor (Kommission “Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin” am RKI, 2002 und 2007).

Amalgamallergie und unkonventionelle Methoden

Zur Abschätzung einer Belastung durch Amalgam sind unkonventionelle Methoden wie z.B. die Elektroakupunktur nach Voll, die Bioresonanztherapie, die Kinesiologie oder vergleichbare Verfahren nicht geeignet (BfArM 2003).

Biomonitoring

Falls aus umweltmedizinischer Sicht Biomonitoring-Untersuchungen angeraten werden, sollte die Quecksilberbestimmung im 24-Stunden-Urin bzw. im Morgenurin ohne Gabe von Komplexbildnern erfolgen.

Einsatz von Komplexbildnern (Mobilisationstest)

Oft wurde versucht, das Quecksilber in den Zielorganen, insbesondere in der Niere, durch die Gabe von Komplexbildnern (meist DMPS, gelegentlich auch DMSA) zu mobilisieren. Der Komplexbildner soll quasi als “toxikologisches Vergrößerungsglas” wirken und gleichzeitig zur Schwermetallentgiftung beitragen. Allerdings erbringt der Mobilisationstest unter Verwendung eines Komplexbildners keine Erkenntnisse, die über die normale Quecksilberbestimmung im Urin hinausgehen.

Die Urinuntersuchung ist auch ohne Mobilisation empfindlich genug, um eine mögliche Quecksilberbelastung zu erkennen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Komplexbildner zu unerwünschten Wirkungen (Fieber, Schüttelfrost, schwere allergische Hauterscheinungen, Herz-Kreislauf-Symptome, Störungen des Mineralhaushaltes usw.) führen können. Komplexbildner sind für die Indikation “Amalgamvergiftung” nicht zugelassen (BfArM 2003).

Amalgam und Krebsrisiko

Geht von Amalgamfüllungen möglicherweise ein Krebsrisiko aus? Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) hält dies nach wie vor für wenig wahrscheinlich (Stellungnahme).Bei einer etwaigen Krebserkrankung besteht keine medizinische Notwendigkeit, intakte Amalgamfüllungen entfernen zu lassen.

Gut zu wissen

Bei der Herstellung von Dentalamalgamen wird ein Legierungspulver, das hauptsächlich aus Silber, Zinn und Kupfer besteht, mit etwa dem gleichen Massenanteil an elementarem Quecksilber vermischt. Der Quecksilbergehalt im fertigen Amalgam liegt also bei ca. 50 %. Beim Erhärten des Amalgams entstehen verschiedene Kristallphasen, die sich unter anderem in ihrer Metallzusammensetzung und in ihrer Korrosionsbeständigkeit unterscheiden. Sie werden als Gamma-1-, Gamma-2- und Eta-Phase bezeichnet. Aus gesundheitlicher Sicht ist besonders die Gamma-2-Phase von Bedeutung. Sie besteht aus unedlem Zinn und Quecksilber, bei Korrosion werden diese beiden Metalle freigesetzt. Gamma-2-freie Amalgame (“non-Gamma-2-Amalgame”) enthalten im Legierungspulver einen Silberanteil von mindestens 40 Prozent, maximal 32 Prozent Zinn, maximal 30 Prozent Kupfer, maximal 3 Prozent Quecksilber und maximal 2 Prozent Zink. Die unedelste und damit am meisten korrosionsgefährdete Kristallphase ist nun quecksilberfrei: sie enthält Kupfer und Zinn. Insgesamt sind Gamma-2-freie Amalgame gut korrosionsbeständig.

Empfohlene Vorgehensweise bei Patienten mit Verdacht auf amalgambedingte Gesundheitsstörungen

Die Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ hat in ihrer Stellungnahme vom September 2007 den Ärzten empfohlen, bei Vorstellung von Patienten mit selbstvermuteter “Amalgamkrankheit” andere differentialdiagnostische Überlegungen und Untersuchungen anzustellen und mit dem Patienten zu besprechen, dass die meist unspezifischen Symptome wie Konzentrationsschwäche, Abgeschlagenheit und Kopfschmerz vielerlei Ursachen haben können und nicht für eine Quecksilberbelastung typisch sind.

Für die gelegentlich vermuteten Zusammenhänge zwischen Amalgam und bestimmten Krankheiten (wie z.B. Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, ALS, Autismus, Hormonstörungen und multipler Sklerose) gibt es keine Belege, die einer wissenschaftlichen Prüfung standhalten würden.

Aus umweltmedizinischer Sicht können deshalb weiterhin folgende Ratschläge zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen gegeben werden:

Beurteilung der Qualität von Amalgamfüllungen, Polieren und Kaugummikauen

Ob Amalgamfüllungen als Ursache für eine bestehende erhöhte Quecksilberbelastung des Körpers in Frage kommen, kann nur ein erfahrener Umweltmediziner und der Zahnarzt feststellen.

Dabei spielen die Anzahl und Größe der Füllungen, Korrosion, Abrieb und der direkte Kontakt zu anderen Legierungen eine Rolle.

Durch Polieren erzeugt der Zahnarzt an der Oberfläche jeder neuen Amalgamfüllung eine Oxydschicht, welche die Quecksilberabgabe minimiert. Daher stellen fachgerecht gelegte und polierte Amalgamfüllungen in den allermeisten Fällen kein Gesundheitsrisiko dar. Die Politur sollte frühestens  24 Stunden nach Legen der Amalgamfüllung erfolgen.

Regelmäßiges Kaugummikauen kann die Oxydschicht der Amalgamfüllungen beschädigen. Daher sollte auf allzu häufigen Kaugummigenuss verzichtet werden. Die beste Vorbeugung gegenüber einer amalgambedingten Quecksilberbelastung ist natürlich die Kariesprophylaxe.

Entgiftung mit Chelatbildnern

Zur “Entgiftung” mittels Chelatbildnern (beispielsweise DMPS) nimmt die Kommission Human-Biomonitoring wie folgt Stellung:

“Nach den hier vorliegenden Erkenntnissen sieht die Kommission keine Indikation für die Anwendung von Chelatbildnern im umweltmedizinischen Bereich, z. B. auch nicht nach der Entfernung von Amalgamfüllungen. Weder die Wirksamkeit noch die Harmlosigkeit dieser Substanzen ist in der Umweltmedizin ausreichend belegt. Dies gilt insbesondere auch für den Einsatz von Chelatbildnern als Diagnostikum (Mobilisationstest).”

Kontroverse Diskussion und chronologischer Überblick

Seit vielen Jahren werden Dentalamalgame in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen kontrovers diskutiert. Die zuständigen Einrichtungen haben auf diese Diskussion reagiert – hier ein kurzer Überblick über die behördlichen Regelungen und Stellungnahmen der letzten Jahre:

1992 verfügte das damalige Bundesgesundheitsamt, dass Amalgame nur noch für den kautragenden Bereich der Seitenzähne verwendet werden dürfen. Mit Wirkung vom 01. Juli 1995 wurden vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weitere Einschränkungen der Amalgamanwendung angeordnet. Im seinerzeit formulierten Wortlaut der “Gebrauchs- und Fachinformation” waren unter anderem folgende Anwendungsbeschränkungen enthalten:

  • Amalgamallergie (nachgewiesen)
  • Schwangerschaft
  • Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter
  • Kinder unter 6 Jahren
  • Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen
  • retrograde Wurzelfüllungen

Das BfArM wies ausdrücklich darauf hin, „dass kein Anlass besteht, vorhandene klinisch einwandfreie Amalgamfüllungen – insbesondere bei Kinderwunsch – entfernen zu lassen.”

1997 wurde vom Bundesministerium für Gesundheit, vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und zahnärztlichen Vereinigungen und Gesellschaften ein Konsenspapier zur Amalgamverwendung veröffentlicht.

Seit dem 14. 06. 1998 unterliegen Amalgam und andere Füllungsmaterialien dem europäischen und deutschen Medizinproduktrecht. Dieses besagt, dass entsprechende Produkte geprüft und zertifiziert werden müssen, bevor sie in Verkehr gebracht werden.

Herbst 2007 a: Der bei der Europäischen Kommission angesiedelte Wissenschaftliche Ausschuss “Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken” (European Commission Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks, SCENIHR) hat den Auftrag erhalten, eine wissenschaftliche Stellungnahme zur Sicherheit von Dentalamalgam und alternativen Werkstoffen abzugeben. Diese ist inzwischen veröffentlicht worden.

Herbst 2007 b: Die beim Robert Koch-Institut angesiedelte Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ hat im September 2007 eine Stellungnahme zu Amalgam aus umweltmedizinischer Sicht veröffentlicht (RKI 2007). 

April 2008: Anfang April 2008 wurde eine Pressemitteilung zur umfangreichen GAT-(German Amalgam Trial)-Studie veröffentlicht. In diesem zwölf Jahre dauernden Projekt untersuchten “schulmedizinische” und “komplementärmedizinische” Einrichtungen in mehreren Teilprojekten das Schädigungspotential von Amalgam, die diagnostischen Möglichkeiten sowie geeignete Therapien. Beispielsweise wurden erstmals die Auswirkungen einer Amalgamentfernung bei Erwachsenen erforscht.

Dieter Melchart vom Münchner Klinikum rechts der Isar betonte, dass die Ergebnisse nicht dahingehend interpretiert werden dürften, dass Amalgam-Füllungen grundsätzlich keine Beschwerden auslösen können. Doch die Entfernung der Füllungen bei Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Müdigkeit sei meist unnötig.

Nov. 2010: Beschluss der Generalversammlung der FDI zum Quecksilberabkommen des United Nations Environmental Program (UNEP):

“Der Weltverband der Zahnärzte als die weltweite, maßgebliche und unabhängige Stimme der Zahnärzteschaft fordert die Regierungen auf, eine effektive Kariesprävention und die damit verbundenen Programme zur Gesundheitsförderung zu unterstützen und zu intensivieren. Dies sollte in Verbindung mit einer präventiven Gesundheitsvorsorge geschehen, die den schrittweisen Verzicht auf die derzeit gängigen Restaurationsmaterialien einschließlich Dentalamalgam beinhaltet. Mit diesen Maßnahmen wird eine optimale Mundgesundheit besonders für die am meisten benachteiligten und behandlungsbedürftigen Bevölkerungsteile erreicht.

Amalgam ist ein sicheres und hoch wirksames Restaurationsmaterial. Um die globale öffentliche Gesundheit zu erhalten und zu schützen, ist ein schrittweiser Verzicht auf Amalgam erst dann sinnvoll, wenn ein zweckmäßiges und geeignetes anderes Restaurationsmaterial als Alternative zur Verfügung steht.”

cf: (März 2014): https://www.zm-online.de/artikel/2014/medizin-braucht-migration/internationales-abkommen-zu-amalgam

Minamata-Konferenz und Minamata-Papier (2013):

In der Minamata-Konvention, die im August 2017 von 50 Staaten unterzeichnet wurde, ist ein “phase-out” für Amalgam festgeschrieben worden.

SCHER zu Amalgam (2014):

Das Scientific Committee on Health and Environmental Risks (SCHER) hat in seiner Stellungnahme vom 10.03.2014 (“Opinion on the environmental risks and indirect health effects of mercury from dental amalgam (update 2014)” Szenarien zur Quecksilberfreisetzung in die Umwelt untersucht. Unter “worst case-Bedingungen” (hohe örtliche Zahnarztdichte mit hohem Amalgamverbrauch ohne Amalgamabscheider in der Praxis) könnte ein nicht unbeträchtlicher Anteil des Quecksilbers in das toxikologisch bedenklichere Methylquecksilber umgewandelt werden.

SCENIHR zu Amalgam (2015):

Nach den bis 2015 vorliegenden Erkenntnissen ist die Verwendung sowohl von Amalgam als auch von alternativen Zahnfüllungsmaterialien statthaft. Das Füllungsmaterial sollte individuell – entsprechend den Lebensumständen des Patienten – (Milchzähne oder bleibende Zähne, Schwangerschaft, Allergien gegenüber Quecksilber oder anderen Inhaltsstoffen der Füllungsmaterialien, Nierenfunktion) ausgewählt werden. SCENIHR fordert die Entwicklung von Zahnfüllungsmaterialien mit einem hohen Grad von Biokompatibilität.

Europäische Kommission – Vorschlag vom Juli 2023 und EU-Verordnung 2024/1849 vom Juni 2024

Diese Verordnung verbietet ab dem 1. Januar 2025 die Verwendung von Dentalamalgam für neue Zahnfüllungen in der gesamten EU, mit wenigen medizinisch begründeten Ausnahmen.

Ausnahmen vom Verbot und Austausch vorhandener Amalgamfüllungen

  • Amalgam darf nur noch in besonderen medizinischen Ausnahmefällen verwendet werden, wenn der Zahnarzt oder die Zahnärztin dies im Einzelfall als zwingend notwendig erachtet.
  • Bereits vorhandene Amalgamfüllungen müssen nicht entfernt werden; ein Austausch ist nur bei Defekten oder aus medizinischen Gründen sinnvoll.
  • Gesetzlich Versicherte erhalten weiterhin mehrkostenfreie Füllungen, allerdings mit alternativen Materialien wie Glasionomerzement oder Komposit.

Andere Meinungen zur Amalgamproblematik

Anderslautende Meinungen zu „Dentalamalgam und Gesundheit“ wurden u.a. vom Deutschen Berufsverband der Umweltmediziner (dbu), von der Amalgamselbsthilfegruppe SEKIS, Berlin und von J. Mutter in einer Literaturstudie (April 2005), in seiner Stellungnahme zur Münchener Amalgamstudie (Mutter 2008) und in einem Offenen Brief an die Patientenbeauftragte vom August 2009 geäußert.

Im Internet findet sich eine gute Zusammenfassung der Amalgamdiskussion und seiner Alternativen unter der Adresse https://www.kzbv.de/patienten/medizinische-infos/karies-und-fuellungen/welche-zahnfuellungen-gibt-es/.

Abschließende Bewertung

Amalgam als Ursache von Beschwerden

Um zu klären, ob Dentalamalgam als Ursache für gesundheitliche Beschwerden in Frage kommt, sollte zunächst von einem Zahnarzt der Zustand der Amalgamfüllungen untersucht werden.

Anschließend sollte ein erfahrener Allergologe entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Kontaktallergiegruppe einen Epikutantest vornehmen.

Ärztlicherseits wird zur Entfernung von Amalgamfüllungen dann angeraten, wenn mittels Hauttest (Epikutantest) eine Amalgamallergie nachgewiesen wurde und es zu charakteristischen Veränderungen an der Mundschleimhaut in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit den Füllungen gekommen ist. Amalgamallergien sind allerdings sehr selten.

Falls aus umweltmedizinischer Sicht Biomonitoring-Untersuchungen angeraten werden, sollte die Quecksilberbestimmung im 24-Stunden-Urin bzw. im Morgenurin erfolgen. Hierbei sollte auf die Gabe von Komplexbildnern verzichtet werden.

Die umweltmedizinische Bewertung erfolgt anhand der Referenz- und HBM-Werte (Kommission “Human-Biomonitoring” des Umweltbundesamtes) unter Einbeziehung der privaten Lebenssituation, Essgewohnheiten, etwaiger beruflicher Expositionen usw. Bei wiederholter amalgambedingter Überschreitung des HBM-I-Wertes sollte gegebenenfalls der Selenstatus überprüft werden (die Selenkonzentration im Blutserum sollte 50 Mikrogramm Selen pro Liter übersteigen).

Quecksilber in Bedarfsgegenständen und Medizinprodukten

Über das Quecksilberverbot in zahlreichen Bedarfsgegenständen und Medizinprodukten auf EU-Ebene informiert der Allum-Beitrag “Quecksilber”.

 

Diese Beiträge auf Allum könnten Sie ebenfalls interessieren:

  • Autorenkollektiv (1997): Restaurationsmaterialien in der Zahnheilkunde (Konsenspapier des Bundesministeriums für Gesundheit, Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte, der Bundeszahnärztekammer, Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung, Stand 1.7.1997).
  • Autorenkollektiv (2000): Standardisierte Vorgehensweise in der Klinischen Umweltmedizin: Patienten mit abklärungs- und gegebenenfalls therapiebedürftigen Gesundheitsstörungen bei Verdacht auf "Amalgambelastung". Umweltmed Forsch Prax 5 (2); S. 120-123.
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Pressemitteilung (1995): BfArM ordnet weitere Einschränkungen in der Amalgam-Anwendung an.
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (2003): Amalgame in der zahnärztlichen Therapie (online nicht mehr verfügbar).
  • Europäische Kommission und Europa-Rat: Verordnung (EU) 2024/1849 vom 13. Juni 2024 zum Verbot der Verwendung von Dentalamalgam in der EU ab dem 1. Januar 2025: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L_202401849
  • Fuchs, T. H. et al. (1994): Stellungnahme der Deutschen Kontaktallergiegruppe der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Dermatosen in Beruf und Umwelt 42; 74. http://dkg.ivdk.org/amalgam.html
  • DKFZ: Amalgam: Verursacht die Zahnfüllung Krebs? (Stand: 10.01.2025) https://www.krebsinformationsdienst.de/krebs-vorbeugen/unbewiesene-risikofaktoren/amalgam
  • Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes Berlin: (1999). Stoffmonographie Quecksilber - Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM). Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 42 (6): S. 522-532.
  • Kommission "Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin" am Robert Koch-Institut (RKI) (2002): Diagnostische Relevanz des Lymphozytentransformationstestes in der Umweltmedizin. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 45 (9): S. 745-749.
  • Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ (2007): Amalgam: Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2007 ·50; 1304–1307,
  • Lichtnecker, H. et al. (1997): Quecksilberdampfexposition bei der Entfernung von Amalgamfüllungen. Umweltmed Forsch Prax 2 (4), S. 259-264.
  • Melchart D, Köhler W, Linde K, Zilker T, Kremers L, Saller R, Halbach S. (2008)  Biomonitoring of mercury in patients with complaints attributed to dental amalgam, healthy amalgam bearers, and amalgam-free subjects: a diagnostic study. Clin Toxicol (Phila). Band 46(2) S. 133-140.
  • Melchart D, Vogt S, Köhler W, Streng A, Weidenhammer W, Kremers L, Hickel R, Felgenhauer N, Zilker T, Wühr E, Halbach S. (2008) Treatment of health complaints attributed to amalgam. J Dent Res. Band 87(4) S. 349-353.
  • Mutter J. (2008) Ist Amalgam unschädlich?  umwelt-medizin-gesellschaft, Band 21, S. 224 - 229
  • Müller, K. E. Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner. www.dbu-online.de
  • Mutter; J. et al. (2005): Amalgam: eine Risikobewertung unter Berücksichtigung der neuen Literatur bis 2005. Gesundheitswesen 67: S. 204 - 216.
  • Nowack, R. SEKIS Berlin (2002): www.tolzin.de/amalgam/bfarm_contra.pdf (online im Juli 2025 nicht mehr verfügbar)
  • Schweinsberg, F. (2002): Bedeutung von Quecksilber in der Umweltmedizin - eine Übersicht. Umweltmed Forsch Prax 7 (5); S. 263-278.
  • SCENIHR (2007) Link zu SCENIHR.
  • SCENIHR (2007) Safety of dental amalgam and alternative dental restoration materials. http://ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_scenihr/docs/scenihr_o_011.pdf
  • SCENIHR (2015) Safety of dental amalgam and alternative dental restoration materials for patients and users. http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_046.pdf.
  • Stiftung Warentest (2005): Handbuch - Die Andere Medizin. Nutzen und Risiken sanfter Heilmethoden. Stiftung Warentest, Berlin.
  • Ye, X., Qian, H., Xu, P., Zhu, L., Longnecker, M. P., Fu, H. (2009): Nephrotoxicity, neurotoxicity, and mercury exposure among children with and without dental amalgam fillings. Int J Hyg Environ Health. 2009 Jul Band 212(4) S. 378-86.

Autor/innen: Dr. M. Otto | Prof. K. E. von Mühlendahl | S. Höppner, M. A.

Zuletzt aktualisiert: 20.07.2025

Nach oben