Farbstoffe und Hilfsmittel in Bekleidungstextilien

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Farbstoffe und Hilfsmittel in Bekleidungstextilien

Textilien müssen heute hohen Anforderungen genügen.

Kleidung soll farblich ansprechend und weich sein, zudem pflegeleicht und knitterfrei. Sie soll ihre Qualität und Farbe auch nach vielfachem Tragen und Waschen behalten und idealerweise Schmutz abweisend sein.

Auch hygienische Aspekte werden zunehmend wichtig: erst kürzlich wurde die starke Haftung von Herpes-simplex-Viren (HSV 1) an Textilien entdeckt.

Um Kleidung mit solchen Eigenschaften herzustellen, müssen die Textilien gefärbt und mit Hilfsmitteln behandelt werden.

In einem Colour Index sind etwa 4.000 Farbstoffe aufgelistet. Die Hälfte von ihnen sind Azofarbstoffe. Der Textilhilfsmittelkatalog enthält mehr als 7000 Zubereitungen von Hilfs- und Ausrüstungschemikalien für Textilien, bestehend aus ca. 400-600 verschiedenen Inhaltsstoffen.

Viele dieser Farbstoffe und Textilhilfsmittel können, wenn sie nicht fest genug in den Textilfasern gebunden sind, beim Tragen freigesetzt werden und in den menschlichen Körper gelangen.

Einige Farbstoffe besitzen ein hohes Allergie auslösendes Potential. Manche Produkte zur Textilfärbung und -verarbeitung enthalten Inhaltsstoffe, die unter bestimmten Bedingungen die Gesundheit schädigen können.

Farbmittel

Textilfarbmittel unterscheiden sich in ihrer Löslichkeit, ihrer chemischen Klassifikation und der Art des Färbeprozesses.

Unter Farbstoffen im eigentlichen Sinne werden gut lösliche Farbmittel verstanden. Die schwer oder nicht löslichen Farbmittel werden als Pigmente bezeichnet. Pigmente werden im Allgemeinen über die Haut nicht resorbiert.

Unter chemischen Aspekten kann man Farbmittel in Azofarbstoffe, Anthrachinonfarbstoffe, Metallkomplexfarbstoffe und weitere Gruppen einteilen.

Direktfarbstoffe, Reaktivfarbstoffe und Dispersionsfarbstoffe

Auch der Färbeprozess ist für gesundheitliche Betrachtungen wichtig.

Wasserlösliche, sogenannte Direktfarbstoffe, werden in Hohlräumen der Faser gebunden, die Bindung ist jedoch nicht sehr stark und die Farbechtheit begrenzt.

Dagegen sind so genannte Reaktivfarbstoffe durch eine kovalente Bindung fest an die Faser gebunden, sodass hier kaum mit einer Farbstofffreisetzung zu rechnen ist.

Eine weitere Gruppe bilden die Dispersionsfarbstoffe. Meist handelt es sich hier um Farbstoffe kleiner Molekülgröße und guter Fettlöslichkeit bei begrenzter Wasserlöslichkeit, die in den Chemiefasern gelöst werden. Dabei kommen organische Lösungsmittel (Färbebeschleuniger, Carrier) zum Einsatz. Bei Fehlern im Färbeprozess (Überfärbung, falsches Textil usw.) kann es zum Freisetzen dieser Dispersionsfarbstoffe kommen. Die Fettlöslichkeit und kleine Molekülgröße der Dispersionsfarbstoffe und Carrier hat zur Folge, dass sie teilweise über die Haut gut resorbiert werden können.

Wie bereits erwähnt stellt die Gruppe der Azofarbstoffe die bedeutendste Farbstoffgruppe dar. Etwa 500 Azofarbstoffe werden aus krebserzeugenden aromatischen Aminen hergestellt. Ca. 150 davon sind auch heute noch kommerziell erhältlich. Falls diese Azoverbindungen in den Körper gelangen, können sie im Stoffwechsel gespalten werden, wobei sich die ursprünglich verwendeten aromatischen Amine bilden können. Diese Azospaltung findet im Darm, in der Leber und möglicherweise auch in Hautbakterien statt.

Die Frage, ob Azoverbindungen aus den Farbstoffen in der Kleidung bereits auf der Haut gespalten werden können, ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Die dabei entstehenden Amine können noch leichter durch die Haut in den menschlichen Körper gelangen als die Farbstoffe selber. In experimentellen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass wasserlösliche Dispersionsfarbstoffe von bestimmten Bakterienstämmen auf der Haut und bei der Hautpassage gespalten werden können.

Die deutschen Hersteller verzichten mittlerweile auf Azofarben, die krebserzeugende aromatische Amine abspalten. In importierter Kleidung aus Nicht-EU-Staaten können die problematischen Farbstoffe aber immer noch enthalten sein (BfR).

Allergische Reaktionen

Wenn Personen angeben, unter einer so genannten „Textilallergie“ zu leiden, bedarf das einer genaueren ärztlichen Untersuchung. Oftmals handelt es sich nämlich um Unverträglichkeitsreaktionen, beispielsweise gegen Wolle. Echte allergische Reaktionen sind relativ selten. Laut Erfahrung deutscher Hautkliniken können etwa 1-2 % aller Kontaktallergien auf Textilfarben zurückgeführt werden. Betroffen sind insbesondere Frauen, da sie häufig eng anliegende Kleidung tragen.

Hauptsächliche Auslöser sind bestimmte Dispersionsfarbstoffe. Das damalige Bundesinstitut für Gesundheit, Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BGVV) benannte 8 Farbstoffe mit sensibilisierendem Potenzial, die bei Bekleidungstextilien nicht mehr verwendet werden sollten.

  • Dispersionsblau 1   
  • Dispersionsblau 35  
  • Dispersionsblau 106   
  • Dispersionsblau 124   
  • Dispersionsgelb 3
  • Dispersionsorange 3
  • Dispersionsorange 37/76
  • Dispersionsrot 1

Von den derzeit etwa 800 gebräuchlichen Textilfarben gelten 49 Farbstoffe als Kontaktallergene. Meist sind es – wie bereits erwähnt – Dispersionsfarben, die Allergien hervorrufen. Diese wurden eigentlich für Polyester entwickelt und sind in Verbindung mit Polyester auch unbedenklich, da der Farbstoff bei 130 ºC direkt in die Faser eindringt und fest an die Faser gebunden ist, somit nicht abgespalten wird.

Werden Dispersionsfarben jedoch für bestimmte andere Fasern, beispielsweise Polyamid, verwendet, werden sie oftmals nur oberflächlich auf die Textilfasern aufgetragen und sind nicht fest an diese gebunden. In diesem Fall können sich die Farbstoffmoleküle lösen und über die Haut in den Körper eindringen.

Laut einer Untersuchung von ETAD (Ecological and Toxicological Association of Dyes and Organic Pigments Manufactures) wurden folgende Dispersionsfarbstoffe mit allergenem Potenzial am häufigsten in Jacken und Hosen nachgewiesenen: „Blue 106“, „Red 1“, „Blue 102“, „Blue 24“, „Orange 27/76“ und „Brown 1“.

Ein weiterer häufig allergieauslösender Farbstoff ist der Dispersionsfarbstoff „Basic Red 46“, der eigentlich zum Färben von Acryl gedacht ist. Aus reinen Acrylfasern wird er nicht herausgelöst, doch in Mischgeweben bewirkt Feuchtigkeit, z.B. Schweiß, dass der Farbstoff ausgewaschen wird. Socken bestehen oft aus eingefärbten Mischgeweben. „Basic Red 46“ ist verantwortlich für die in den letzten Jahren aufgetretene sogenannte „Sockendermatitis“.

Eine Kennzeichnungspflicht für Textilfärbemittel wäre auf jeden Fall sinnvoll. Viele Allergiker können zum Beispiel keine schwarze Kleidung kaufen, weil schwarze Textilien oft auch problematische rote oder orange Farbstoffe enthalten (Bothe, Filbrich).

Die Frage nach der Farbstoffmenge, der ein Mensch durch die Bekleidung ausgesetzt ist, ist sehr schwierig zu beantworten. Die Exposition ist abhängig vom Farbstoff, der Färbetechnik, des Farbstoffgehalts, den Tragebedingungen und vielen anderen Faktoren. Daten liegen nur aus einigen experimentellen Versuchen vor.

Das BfR schätzt zusammenfassend, dass die Exposition der Verbraucher bezogen auf die Haut ca. 0,001 bis 1 µg pro cm2 beträgt. Dies bezieht sich jedoch auf Textilien, die nach dem Stand der Technik gefärbt wurden. Bei schlechter Färbetechnik wird vermutlich deutlich mehr Farbstoff freigesetzt.

Gut zu wissen

Färbebeschleuniger werden sehr häufig in Verbindung mit der Chemiefaser Polyester während der Einfärbung bei 95 °C verwendet. Wenn die Färbung bei 130 °C (Hochtemperaturbedingungen) stattfindet, ist deren Verwendung zwar nicht notwendig. Sie finden jedoch trotzdem in geringen Mengen als sog. Egalisiercarrier Verwendung, um eine gleichmäßige Färbung herbeizuführen. Bei dem Mischgewebe Wolle-Polyester sind die Temperaturen aufgrund des Wollanteils auf 110-115 °C begrenzt.

Durch unterschiedliche Nachbehandlungen können die Restgehalte an Färbebeschleuniger zwar reduziert, aber nicht vollständig entfernt werden.

Textilhilfsmittel

Für die Faserproduktion, Textilerzeugung, und –veredelung ist die Verwendung von zahlreichen Chemikalien notwendig.

Teilweise verbleiben diese auf den Textilien und können später durch Verdampfen, Abrieb oder Herauslösen freigesetzt werden.

Tabelle 1: Klassen von Textilhilfsmitteln (ohne Färbemittel, nach BfR 2007)

Name Chemie Kommentar
Reaktives Vernetzungsmittel N-Methylolderivate (Formaldehyd) Formstabilität, „Hochveredelung“
Griffgebende Mittel z.B. Polymere bis zu 20% des Warengewichts
Flammschutzmittel z.B. organische Phosphorverbindungen Schutzkleidung
Antimikrobielle Mittel Biozide Stoffe Fußbett, Socken (sanitized)
Phobiermittel Paraffine, Fluorpolymere Wasser-, öl- und schmutzabweisend
Filzfreie Ausrüstung Polymere Wolle

Einige Textilhilfsmittel weisen kanzerogene und mutagene Wirkungen auf: Dazu gehören beispielsweise Formaldehyd und Glyoxal, die in Deutschland bei der Herstellung von Bekleidungstextilien jedoch nicht mehr gebräuchlich sind.

Ferner stehen Stoffe, die möglicherweise hormonell wirksam sind, im Blickpunkt der Fachöffentlichkeit. Dazu gehören unter anderem Alkylphenolethoxylate, einige optische Aufheller (Weißtöner) und Organozinn Verbindungen. Beispielsweise wird Nonylphenolethoxylat (NPE) beim Waschen zwar zu 90 % aus der Kleidung entfernt und ist auch für sich genommen nicht gesundheitsschädlich, es kann aber – mangels effektiver Klärung – über das Abwasser in die Umwelt gelangen und in hormonell wirksames Nonylphenol gespalten werden.

Optische Aufheller (Weißtöner)

Optische Aufheller werden benutzt, um natürlicherweise gelbliche oder bräunliche Textilfasern aufzuhellen. Auch in Waschmitteln finden sie Verwendung. Es gibt bisher kaum toxikologische Daten zu diesen Substanzen.

DAS (Diamino-stilben-disulfonsäure) ist ein Zwischenprodukt in der Synthese der Weißtöner und hat eine Strukturähnlichkeit mit dem synthetischen Östrogen Diethylstilbestrol.

In zwei Studien an Arbeitern einer Fabrik zur Herstellung des Aufhellers DAS (Diamino-stilben-disulfonsäure) berichteten diese von reduzierten Testosteronkonzentrationen im Blut sowie Libido- und Potenzstörungen. DAS kann durch den Schweiß aus der Kleidung herausgelöst werden. Die Konzentrationen sind hierbei jedoch weitaus geringer als die Exposition der Arbeiter.

Die bisher vorliegenden experimentellen Untersuchungen zeigen insgesamt, dass die Wirkung als Östrogen sehr gering ist.

Organozinnverbindungen

Zinnorganische Verbindungen (Tributyl tin = TBT) wurden eigentlich als Schutzanstrich für Boote und Schiffe konzipiert, werden aber auch zur bioziden Ausrüstung von Schwertextilien verwendet. Manchmal werden sie aber auch in Bekleidungstextilien gefunden. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Sportbekleidung und Kleidung, die Kunststoffteile enthält. Eine gewisse Bekanntheit hat der TBT-Fund in der Polsterung einer Radlerhose erreicht. Der Gehalt lag bei 0,11 g/kg. Für eine antimikrobielle Wirkung ist dieser Gehalt zu gering, hierfür wären mindestens 1 g/kg erforderlich.

Berechnungen der internen TBT-Belastung des Verbrauchers beim Tragen solcher Textilien haben ergeben, dass eine gesundheitliche Gefährdung damit nicht verbunden ist. Dennoch sollte nach Meinung des BfR sicherheitshalber TBT in Bedarfsgegenständen vermieden werden.

Insgesamt ist die Aufnahme von TBT aus der Nahrung und durch PVC-Bodenbeläge weitaus bedeutender als die Aufnahme durch Textilien.

Für TBT wurde für Erwachsene ein TDI (maximaler tolerierbarer Aufnahmewert) von 0,25 µg/kg (Körpergewicht) bestimmt. Nach dem Toxproof-Siegel des TÜV Rheinland gelten Textilien mit einem TBT-Wert bis zu 25 µg/kg als schadstoffarm.

Lichtschutzfiltersubstanzen

UV-absorbierende Stoffe werden zum  Schutz der Fasern und auch der Farbstoffe eingesetzt. Sie wandeln UV-Strahlung in längerwellige Strahlung um. Daneben werden Bekleidungstextilien (insbesondere Baumwolltextilien) gezielt mit solchen Substanzen ausgerüstet, um die UV-Exposition der Verbraucher zu vermindern, was auch sehr sinnvoll ist. Neuerdings wird ein UV-Schutzfaktor (UPF) für Textilien angegeben.

Biozide

Biozide werden häufig in Sport- und Freizeitkleidung im Outdoorbereich eingesetzt, um der Geruchsbildung entgegenzuwirken. Verwendet werden insbesondere Silberionen, quaternäre Ammoniumsalze, Chitosanverbindungen, Isothiazoline und Triclosan. Allergische Reaktionen, eine Beeinträchtigung der bakteriellen Hautbesiedelung sowie Resistenzbildung der Bakterien gegenüber Bioziden stellen die hauptsächlichen Probleme dar.

Waschmittelrückstände und „Nanoausrüstung“

Dieses Thema wird auf Allum ausführlich in Duftstoffe und Geruchsstoffe behandelt.

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  • Bothe, J., Filbrich, R. (2005): Schadstoffe in Textilien - Status Quo und Ausblicke. Umwelt Medizin Gesellschaft 18, 4/2007.
  • Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (2000): Tributylzinn (TBT) und andere zinnorganische Verbindungen in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten. Online verfügbar unter: www.bfr.bund.de/cm/343/tributylzinn_tbt_und_andere_zinnorganische_verbindungen.pdf (zuletzt aufgerufen im März 2019).
  • Bundesinstitut für Risikobewertung BFR (2012): Einführung in die Problematik der Bekleidungstextilien. mobil.bfr.bund.de/cm/343/einfuehrung-in-die-problematik-der-bekleidungstextilien.pdf (zuletzt aufgerufen im März 2019).
  • Filbrich, R. (2007): Schadstoffe in Textilien - wenn Kleidung krank macht. Medizin und Umwelt, S. 83-93.
  • Liesenhoff, M. N. (1998): Hautallergien durch Textilien. www.liesenhoff.de/ich/allergie.pdf (online nicht mehr verfügbar, Stand: März 2019).
  • Öko-Test (2005): Textilsiegel - Alles ausgezeichnet? Öko-Test 10, S. 88-90.
  • Platzek, T., Lang, C. (2014): Freisetzung aromatischer Amine aus Azofarbstoffen in Textilien durch Hautbakterien. Online verfügbar unter: https://www.bfr.bund.de/cm/343/forschung_azo.pdf  (Zuletzt aufgerufen im Februar 2018).
  • VERORDNUNG (EG) Nr. 1907/2006 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 18. Dezember 2006 u.a. zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH). eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2006R1907:20110505:DE:PDF (zuletzt aufgerufen im März 2019).

Autor/innen: Dr. M. Otto    Zuletzt aktualisiert: 02.01.2023

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