Fipronil

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Fipronil

Fipronil wurde in Eiern aus Hühnerställen gefunden, in denen im Rahmen von Stallsäuberungen Mittel eingesetzt worden waren, die neben anderen Mitteln Fipronil enthielten. Die Suche (Google, Pubmed) nach toxikologischen Daten dieses mit vielen verschiedenen Indikationen eingesetzten Insektizids bringt erstaunlich wenige Erkenntnisse in Anbetracht der weiten Verbreitung des Mittels.

“Historische” Daten, Anwendung und Regulierungen

Fipronil wurde 1987 von  Rhone-Poulenc (später, nach Fusion mit Hoechst: Aventis) entwickelt und als Insektizid 1993 erstmals auf den Markt gebracht. Aventis verkaufte Fipronil 2002 an die Bayer AG, und 2003 erwarb die BASF die Rechte an Fipronil und einigen Fungiziden für etwa 1,33 Milliarden Euro.

Fipronil ist ein Insektizid, das  gegen Läuse, Flöhe, Ameisen, Termiten, Zecken, Schaben und Milben eingesetzt wird und das für Hummeln, Schmetterlinge, Bienen und auch für viele Fische toxisch ist. Fipronil hemmt im ZNS den Einstrom von Chlorid-Ionen durch GABA-regulierte Chloridkanäle. Für den Menschen gilt es in bei sachgerechter Anwendung als untoxisch. Das Mittel wurde als Saatgut-Beizmittel eingesetzt (inzwischen weitgehend eingeschränkt), zur Parasitenbekämpfung in der Veterinärmedizin und z.B. zur Bekämpfung von Ameisen und Kakerlaken.

In der Europäischen Union gilt seit 2007 eine Zulassung von Fipronil für Pflanzenschutzmittel (ausschließlich Saatgutbehandlung), die zum 31. Juli 2018 ausläuft. Wegen seiner Bienentoxizität hat es seitens der EU und in verschiedenen nationalen Bestimmungen Einschränkungen und auch Sondergenehmigungen zu seinem Einsatz gegeben.

Die European Food Safety Agency (EFSA) veröffentlichte 2013 ihre Bewertung, dass die Beizung von Maissaatgut mit Fipronil ein hohes akutes Risiko für Bienen darstelle. Daraufhin schlug die EU-Kommission ein Teilverbot vor, das am 16. Juli im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit angenommen wurde.

Seit März 2014 darf mit Fipronil behandeltes Saatgut nicht mehr in den Verkehr gebracht oder verwendet werden.

Die BASF erklärte ihrerseits, dass alle wissenschaftlichen Untersuchungen gezeigt hätten, dass Fipronil in Pflanzenschutzmitteln kein Risiko für Mensch, Tier oder Umwelt darstelle, wenn es vorschriftsmäßig verwendet werde. Im November 2013 erhob BASF Klage gegen die Einschränkung und warf der EU-Kommission eine unangemessene Anwendung des Vorsorgeprinzips vor, die nicht alle verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse in ihre Entscheidung einbezogen und zudem gegen das europäische Pflanzenschutzrecht verstoßen hätte.

Tiertoxizität

Das BfR schreibt dazu:

„Im Tierversuch ist Fipronil akut toxisch, wenn es oral oder über die Haut aufgenommen oderinhaliert wird. Der Stoff ist nicht als haut- oder augenreizend eingestuft und verursacht keine allergischen  Hautreaktionen. Im Tierversuch an Ratten, Mäusen, Hunden und Kaninchen wirkt Fipronil toxisch auf das Nervensystem, wobei diese Effekte bei adulten Tieren reversibel sind. Bei Ratten wird Neurotoxizität bei den Nachkommen dosisabhängig beobachtet, wenn die Muttertiere den Stoff aufgenommen haben. Darüber hinaus werden toxische Lebereffekte in Ratten und Mäusen beobachtet. Fipronil ist nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht als mutagen und nicht als kanzerogen eingestuft.“

Humantoxizität

Für Fipronil gilt ein Rückstandshöchstgehalt von 0,005 mg/kg (Summe aus Fipronil und seinem Sulfonmetaboliten). Hier handelt es sich um die analytische Bestimmungsgrenze. Bei Überschreitung der Rückstandshöchstgehalte sind die Lebensmittel nicht verkehrsfähig, d.h. also, wenn überhaupt Fipronil nachweisbar ist.

Das BfR schreibt, dass unter Berücksichtigung der bekannten Verzehrsgewohnheiten eine Fipronil-Konzentration von 720 µg/kg (Summe aus Fipronil und seinem Sulfonmetaboliten, berechnet als Fipronil) in Hühnereiern als maximale Konzentration angesehen werden, bei der nach derzeitigem Stand des Wissens für keine der untersuchten Verbrauchergruppen ein akutes gesundheitliches Risiko bestehe, da die Akute Referenzdosis (ARfD) nicht überschritten werde. Hühnereier wiegen 50 bis 70 Gramm, enthalten also bei einer Konzentration von 720 µg/kg etwa 50 µg.

Die ARfD bestimmt diejenige Menge einer Substanz,  die über die Nahrung mit einer Mahlzeit oder innerhalb eines Tages ohne erkennbares gesundheitliches Risiko für den Verbraucher aufgenommen werden kann.  Zur Festlegung der ARfD wurde die bei Rattenversuchen unschädliche Dosis um einen Faktor von 100 herabgesetzt und dann als akute Referenzdosis festgelegt. Sie beträgt für Fipronil 9 µg pro kg Körpergewicht.

Bis auf eine Publikation über suizidale Fipronil-Intoxikationen (voller Text bei Pubmed abrufbar; Fahim Mohamed et al. Acute Human Self-Poisoning with the N-Phenylpyrazole Insecticide Fipronil –A GABA A-Gated Chloride Channel Blocker, J Toxicol Clin Toxicol. 2004; 42(7): 955–963) und Angaben zu LD50 bei Nagetieren (etwa 50 bis 100 mg/kg bei akuter Gabe) ist zur Toxikologie bislang nichts zu finden.

Diskussion und weiterführende Überlegungen

Liest man in den BASF-Sicherheitsdatenblättern zu den vielen Fipronil-enthaltenden Produkten, dann finden sich unter „Akute Toxizität“ (und ebenso für „Kanzerogenität“, „Reproduktionstoxizität“ … etc.) „Das Produkt wurde nicht geprüft. Die Aussage ist von den Eigenschaften der Einzelkomponenten abgeleitet.“

Es besteht offensichtlich ein Mangel an Wissen über die Toxizität von Fipronil. Die vom BfR gemachten Angaben zur Ermittlung der ArfD vermitteln Angaben, die sehr pauschal die Nagetier-Toxizität auf den Menschen übertragen.

Dass es bei dem Umgang mit Fipronil nicht nur um unsere eigene menschliche Gesundheit gehen kann, ist einem ausführlichen Abstrakt eines Artikels zu entnehmen, der bei Pubmed abrufbar ist, und der wegen seiner Bedeutung auch nachfolgend wiedergegeben wird.

Tingle CC. Et al. Fipronil: environmental fate, ecotoxicology, and human health concerns. Rev Environ Contam Toxicol. 2003;176:1-66

Fipronil is a highly effective, broad-spectrum insecticide with potential value for the control of a wide range of crop, public hygiene, amenity, and veterinary pests. It can generally be applied at low to very low dose rates to achieve effective pest control. Application rates vary between 0.6 and 200 g a.i./ha, depending on the target pest and formulation. It belongs to the phenyl pyrazole or fiprole group of chemicals and is a potent disrupter of the insect central nervous system via interference with the gamma-aminobutyric acid (GABA-) regulated chloride channel.
Fipronil degrades slowly on vegetation and relatively slowly in soil and in water, with a half-life ranging between 36 hr and 7.3 mon depending on substrate and conditions. It is relatively immobile in soil and has low potential to leach into groundwater. One of its main degradation products, fipronil desulfinyl, is generally more toxic than the parent compound and is very persistent. There is evidence that fipronil and some of its degradates may bioaccumulate, particularly in fish. Further investigation on bioaccumulation is warranted, especially for the desulfinyl degradate.
The suitability of fipronil for use in IPM must be evaluated on a case-by-case basis. In certain situations, fipronil may disrupt natural enemy populations, depending on the groups and species involved and the timing of application. The indications are that fipronil may be incompatible with locust IPM; hence, this possibility requires further urgent investigation. It is very highly toxic to termites and has severe and long-lasting negative impacts on termite populations. It thus presents a long-term risk to nutrient cycling and soil fertility where termites are “beneficial” key species in these ecological processes. Its toxicity to termites also increases the risk to the ecology of habitats in which termites are a dominant group, due to their importance as a food source to many higher animals. This risk has been demonstrated in Madagascar, where two endemic species of lizard and an endemic mammal decline in abundance because of their food chain link to termites.
Fipronil is highly toxic to bees (LD50 = 0.004 microgram/bee), lizards [LD50 for Acanthodactylus dumerili (Lacertidae) is 30 micrograms a.i./g bw], and gallinaceous birds (LD50 = 11.3 mg/kg for Northern bobwhite quail), but shows low toxicity to waterfowl (LD50 > 2150 mg/kg for mallard duck). It is moderately toxic to laboratory mammals by oral exposure (LD50 = 97 mg/kg for rats; LD50 = 91 mg/kg for mice). Technical fipronil is in toxicity categories II and III, depending on route of administration, and is classed as a nonsensitizer. There are indications of carcinogenic action in rats at 300 ppm, but it is not carcinogenic to female mice at doses of 30 ppm.
The acute toxicity of fipronil varies widely even in animals within the same taxonomic groups. Thus, toxicological findings from results on standard test animals are not necessarily applicable to animals in the wild. Testing on local species seems particularly important in determining the suitability of fipronil-based products for registration in different countries or habitats and the potential associated risk to nontarget wildlife. Risk assessment predictions have shown that some fipronil formulations present a risk to endangered bird, fish, and aquatic and marine invertebrates. Great care should thus be taken in using these formulations where they may impact any of these endangered wildlife groups. Work in Madagascar has highlighted field evidence of this risk. The dose levels at which fipronil produces thyroid cancer in rats are very high and are unlikely to occur under normal conditions of use.
There is also dispute as to whether this is relevant to human health risk. However, as fipronil is a relatively new insecticide that has not been in use for long enough to evaluate the risk it may pose to human health, from data on human exposure to the product, a precautionary approach may be warranted. The use of some fipronil-based products on domestic animals is not recommended where handlers spend significant amounts of time grooming or handling treated animals.
In general, it would appear unwise to use fipronil-based insecticides without accompanying environmental and human health monitoring, in situations, regions, or countries where it has not been used before, and where its use may lead to its introduction into the wider environment or bring it into contact with people. Further work is needed on the impacts of fipronil on nontarget vertebrate fauna (amphibians, reptiles, birds, and mammals) in the field before the risk to wildlife from this insecticide can be adequately validated.
Further field study of the effects of fipronil on the nutrient cycling and soil water-infiltration activities of beneficial termites is required to assess the ecological impacts of the known toxicity of fipronil to these insects.

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Autor/innen: Prof. K. E. von Mühlendahl    Zuletzt aktualisiert: 10.01.2024

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