Analytik, Biomonitoring und Grenzwerte

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Analytik, Biomonitoring und Grenzwerte

Analytik

PCB-Messungen sind im Hausstaub, in Materialproben und in der Raumluft möglich.

Eine Analyse des Hausstaubs auf polychlorierte Biphenyle kann Gewissheit darüber bringen, ob eine Belastung vorliegt oder nicht. Meist werden Werte oberhalb von 5 Milligramm PCB pro Kilogramm Hausstaub als Hinweis auf eine PCB-Quelle angesehen. Dann können Materialproben von möglichen PCB-Quellen analysiert werden, etwa von Fugendichtmassen, Parkettkleber und Parkettfugenkitt (bei Parkett, das vor ca. 1980 verlegt wurde).

Wenn die Innenraumluft auf ihren PCB-Gehalt hin analysiert werden soll, wird über mehrere Stunden hinweg eine bestimmte Luftmenge durch ein absorbierendes Medium gesaugt, welches dann im Labor gaschromatisch auf PCB hin untersucht wird.

Probennahme und Analytik sollten prinzipiell nur durch erfahrene und zertifizierte Laboratorien durchgeführt werden, die auch darauf achten, dass Vorgaben der PCB-Richtlinie beachtet werden. Beispielsweise findet man im Sommer infolge erhöhter PCB-Ausgasung häufig höhere Werte als im Winter. Sowohl eine Temperaturkontrolle als auch eine Probennahme bei geschlossenen Fenstern und Türen sind wichtig, um verlässliche Messwerte zu erhalten. Die eigentliche analytische PCB-Bestimmung erfolgt auf gaschromatografischem Weg.

Biomonitoring

Die innere PCB-Belastung kann im Blut (Vollblut, Plasma, Serum), ggf. auch in der Muttermilch oder in Fettgewebsproben bestimmt werden.

Referenzwerte

Die Referenzwerte für die drei üblicherweise bestimmten PCB-Kongenere # 138, 153 und 180 sind altersabhängig (siehe nachfolgende Tabelle: Referenzwerte im Vollblut).

Referenzwerte für PCB-138, -153, -180 und deren Summe in Humanblut (Mikrogramm pro Liter)
Alter (Jahre) PCB-138 PCB-153 PCB-180 Summe PCB
Blut*
Jahr Blut* Jahr Blut*
Jahr Blut*
Jahr
7-14 0,3 2003/6 0,4 2003/6 0,3 2003/6 1,0 2003/6
18-19 0,4 1997/99 0,6 1997/99 0,3 1997/99 1,1 1997/99
20-29 0,6 1997/99 0,9 1997/99 0,6 1997/99 2,0 1997/99
30-39 0,9 1997/99 1,6 1997/99 1,0 1997/99 3,2 1997/99
40-49 1,4 1997/99 2,2 1997/99 1,6 1997/99 5,1 1997/99
50-59 1,7 1997/99 2,8 1997/99 2,1 1997/99 6,4 1997/99
60-69 2,2 1997/99 3,3 1997/99 2,4 1997/99 7,8 1997/99

Blut* = Vollblut; Summe PCB = PCB-138 + PCB-153 + PCB-180

Quelle: Umweltbundesamt und Kommission Human-Biomonitoring 2016

HBM-Werte

Die Kommission Human-Biomonitoring hat im Sommer 2012 folgende HBM-Werte für Polychlorierte Biphenyle im (Blut)-Serum von Säuglingen, Kleinkindern und Frauen im gebärfähigen Alter festgelegt (2012):

  • HBM-I-Wert: 3.5 Mikrogramm Gesamt-PCB pro Liter Serum
  • HBM-II-Wert:   7 Mikrogramm Gesamt-PCB pro Liter Serum

Hierfür werden die Konzentrationen der PCB-Kongenere #138, 153 und 180 im Serum bestimmt, addiert und mit dem Faktor 2 multipliziert. Das Ergebnis kann direkt mit den vorgenannten HBM-Werten verglichen werden.

Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass sich eine PCB-Belastung der Raumluft  im Bereich um 3 000 ng pro Kubikmeter (Interventionswert der PCB-Richtlinie) meist nicht in erhöhten Biomonitoringwerten niederschlägt (Kommission “Human-Biomonitoring”, 2003).

Das ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Zufuhr über die Nahrung im Vergleich zur Raumluft mengenmäßig viel bedeutsamer ist. Ferner reichern sich die PCB-Kongenere aus der Raumluft im Vergleich zur Nahrung im Menschen weniger stark an. Ein Biomonitoring gibt demnach wenig Aufschluss darüber, ob in der Vergangenheit eine PCB-Belastung über die Raumluft existiert hat, es kann aber in bezug auf die Risikokommunikation durchaus hilfreich sein.

In der Regel ist es also nicht sinnvoll, im Zusammenhang mit einer PCB-Innenraumluftbelastung eine Blutuntersuchung auf PCB vornehmen zu lassen (Humanbiomonitoring-Kommission 1999, Heudorf et al. 2000).

Grenzwerte / Richtwerte

Konzept der “Toxizitätsaquivalente”

Zur toxikologischen Bewertung von Stoffgemischen, etwa von Dioxinen (polychlorierte Dibenzo-p-dioxine PCDD und Dibenzofurane PDDF) und/oder polychlorierten Biphenylen (PCB) wird oftmals das Konzept der so genannten “Toxizitätsaquivalente” herangezogen.

Hierfür wird der Stoff (das Kongener) mit der höchsten Toxizität als Bezugsstoff genommen. Die Toxizität aller anderen Stoffe wird mittels so genannter Toxizitätsäquivalentfaktoren (TEF) auf diesen Stoff bezogen. Für die hier interessierenden Substanzen ist der Bezugsstoff das 2,3,7,8-TCDD, das so genannte Seveso-Dioxin.

Die Toxizitätsäquivalentfaktoren für PCDD, PCDF und PCB wurden von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegt. Mittels der Toxizitätsäquivalentfaktoren können Toxizitätsaquivalentkonzentrationen (WHO TEQ) berechnet werden. Auf diese Weise werden Stoffgemische untereinander vergleichbar und bewertbar.

Vereinfacht gesagt, rechnet man ein Stoffgemisch so um, als ob es einzig und allein aus dem Stoff mit der höchsten Toxizität bestünde. Aus diesem Grund sind Toxizitätsaquivalentkonzentrationen bzw.  -mengen nicht gleichzusetzen mit analytisch bestimmten Einzel- oder Summenwerten für PCB in der Raumluft, im Hausstaub oder im Vollblut.

Diese zunächst besonders bei Dioxinen (Nebenprodukte bei industriellen Prozessen bzw. Verbrennungsprozessen) angewandte Berechnungsweise wird auch bei polychlorierten Biphenylen eingesetzt.

Einige PCB-Kongerene sind vom Molekülaufbau her den Dioxinen recht ähnlich, sie werden daher dl-PCB (engl. dioxin-like PCB) genannt. Die Mehrzahl der PCB-Kongenere sind allerdings von der Anzahl und Masse her den Dioxinen nicht ähnlich (ndl-PCB = non-dioxin-like PCB).

Duldbare tägliche Aufnahmemenge (TDI = tolerable daily intake) und Duldbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI = tolerable weekly intake)

Die duldbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) bzw. wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) bezieht sich in diesem Kontext auf die Summe der Äuivalentkonzentrationen für PCDD, PDCF und PCB (WHO-PCDD/F-PCB-TEQ). Die Mengenangaben erfolgen als pg (Pikogramm = billionstel Gramm).

Von der Weltgesundheitsorganisation  wurde für die duldbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) ein Bereich von 1  bis 4 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt. Der untere Wert von 1 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro Kilogramm Körpergewicht ist als Zielwert zu verstehen.

Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss (SCF = Scientific Committee on Food) der Europäischen Union hat eine duldbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) in Höhe von 14 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt, was rein rechnerisch etwa dem mittleren Wert der WHO-Empfehlung entspricht.

PCB-Richtlinie (ARGEBAU 1995)

Fachleute von Bund und Ländern haben sich auf Handlungsempfehlungen für die Sanierung PCB-belasteter Gebäude geeinigt und diese Empfehlungen in einer PCB-Richtlinie niedergelegt. In einigen Bundesländern wurde die PCB-Richtlinie baurechtlich verbindlich eingeführt.

Die PCB-Richtlinie nennt als Zielwert eine Raumluftkonzentration von < 300 Nanogramm PCB pro Kubikmeter (1 Nanogramm (ng) = 1 Milliardstel Gramm). Im Bereich zwischen 300 und 3.000 Nanogramm pro Kubikmeter soll die PCB-Quelle aufgespürt und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit eingedämmt oder beseitigt werden. Eine Intervention soll bei Raumluftkonzentrationen oberhalb von 3.000 Nanogramm pro Kubikmeter (im Jahresmittel und bei einer Aufenthaltsdauer von 24 Std. pro Tag) erfolgen. Das bedeutet aber auch, dass bei kürzerer Aufenthaltsdauer entsprechend höhere Konzentrationen zeitweilig toleriert werden können.

Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Innenraumlufthygiene-Kommission beim UBA und der AOLG

Diese Arbeitsgruppe hat in 2007 eine aktualisierte, fallbezogene Bewertung veröffentlicht (Umweltbundesamt 2007b):

“Zwei Fälle werden unterschieden:

A) Wenn eindeutig Fugenmassen mit PCB vorliegen, deren Chlorierungsgrad geringer ist als Clophen A60, dienen die Gesamt-PCB, basierend auf 6 Indikator-PCB (ohne PCB118), als Beurteilungsmaßstab. Bei Raumluftkonzentrationen oberhalb von 3 µg/m3 für Gesamt-PCB sind expositionsmindernde Maßnahmen zu prüfen. Bei Konzentrationen darunter ist das Lüftungsverhalten zu überprüfen und ggf. zu verbessern.

B) Sind Clophen A50- oder A60 haltige Deckenplatten verbaut worden und treten hauptsächlich hochchlorierte Clophene als PCB-Quellen auf, kann ebenfalls der PCB-Gesamtgehalt zur Beurteilung herangezogen werden. Bei höheren Gesamt-PCB-Gehalten (> 1µg/m3) soll die Konzentration von PCB118 zur Beurteilung herangezogen werden. Bei Raumluftkonzentrationen oberhalb von 0,01 µg PCB118/m3 sind expositionsmindernde Maßnahmen zu prüfen. Bei Konzentrationen darunter ist das Lüftungsverhalten zu überprüfen und ggf. zu verbessern.”

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Autor/innen: Dr. M. Otto | Prof. K. E. von Mühlendahl    Zuletzt aktualisiert: 13.01.2024

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