Gesundheitsrisiken

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Gesundheitsrisiken

Bei sachgemäßer Anwendung von Pyrethroiden zur Behandlung von Teppichen oder zum gelegentlichen Einsatz gegen Tierflöhe und Kopfläuse usw. sind gesundheitliche Schäden nach derzeitigem Wissen nicht zu befürchten.

Bei der akuten oder chronischen Aufnahme von hohen Konzentrationen durch den Menschen kann es jedoch zu Vergiftungssymptomen kommen. Daher sollten Pyrethroide nicht leichtfertig eingesetzt werden.

Die Verwendung von Pyrethroiden in Elektroverdampfern im Innenraum stellt eine unnötige und vermeidbare Belastungsquelle dar.

Wie werden Pyrethroide im menschlichen Organismus aufgenommen und abgebaut?

Pyrethroide werden über den Magen-Darm-Trakt und über die Haut relativ schlecht aufgenommen (resorbiert). Am effektivsten gelangen sie inhalativ, also über die Lunge in den Körper. Vom menschlichen Organismus werden Pyrethroide rasch umgewandelt und wieder ausgeschieden.

Die Halbwertzeit liegt im Durchschnitt bei etwa einem halben Tag. Untersuchungen zur Verteilung und Speicherung von Pyrethroiden im Körper von Mensch und Tier haben gezeigt, dass diese Stoffe bei Warmblütern nicht gespeichert werden.

Viele Erkenntnisse zur Giftigkeit von Pyrethroiden stammen aus arbeitsmedizinischen Untersuchungen an Berufsgruppen, die in ihrem Arbeitsalltag mit Pyrethroiden in Kontakt kommen (u.a. Forstarbeiter, Arbeiter in der Verpackungsindustrie und Schädlingsbekämpfer).

Symptome bei Vergiftungen mit Pyrethroiden

Natürliches Pyrethrum und synthetisch hergestellte Pyrethroide sind in erster Linie neurotoxisch, sie wirken als Nervengifte.

Bei akuter Einwirkung in hoher Konzentration rufen sie vorwiegend Reizungen und Rötungen der Haut und Schleimhaut, Kribbeln und Jucken, Augenbrennen und Atemwegsreizungen hervor. Wirkungen auf das periphere Nervensystem stehen also im Vordergrund. Diese Empfindungen sind auf die exponierten Hautstellen begrenzt und bilden sich rasch wieder zurück, eine dauerhafte Schädigung wurde bisher nicht beobachtet.

Bei chronischer Einwirkung werden das periphere und das zentrale Nervensystem beeinträchtigt, was sich unter anderem in Sensibilitätsstörungen, Kopfschmerz, Schwindel, Angst, Seh- und Hörstörungen, sowie Beschwerden im Magen-Darm-Trakt (Übelkeit) äußern kann (Michalak und Mitarb. 1999).

In Tierexperimenten mit hohen Pyrethroid-Dosen sind abhängig vom Pyrethroid-Typ (siehe “Einteilung”) verschiedene Vergiftungsbilder beobachtet worden:

  • Pyrethroide vom Typ I (beispielsweise Permethrin, Allethrin und Bioresmethrin) erzeugen ein sogenanntes T-Syndrom. T steht hierbei für Tremor (Zittern). Es ist vorwiegend das periphere Nervensystem betroffen.
  • Bei Pyrethroiden vom Typ II (beispielsweise Cypermethrin und Deltamethrin) kommt es zum sogenannten CS-Syndrom. “CS” steht für Choreoathetosis und Salivation, d. h. für unkontrollierte Bewegungen und erhöhten Speichelfluss. Es ist vorwiegend das zentrale Nervensystem betroffen.

Beim Menschen sind diese Unterschiede nicht beschrieben worden. Eine Literaturstudie aus dem Frühjahr 2015 zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen einer Belastung mit Pyrethroiden stammt von A.-M. Saillenfait et al. Die Autoren betonen, dass es bisher nur wenige Studien zu chronischen Wirkungen im Niedrigdosisbereich gibt und dass deren Ergebnisse widersprüchlich sind.

Die gegenwärtige Pyrethroid-Forschung konzentriert sich auf reproduktionstoxische Effekte (Samenqualität, Geschlechtshormone, Schwangerschaftsverlauf) sowie auf neurobiologische Auswirkungen bei Exposition in utero. 

Besondere Empfindlichkeit von Kindern

Möglicherweise sind Neugeborene und Kinder durch Pyrethroide stärker gefährdet als Erwachsene; entsprechende Hinweise kommen aus Tierversuchen. Dies könnte mit einem Mangel an Entgiftungsenzymen im Neugeborenenorganismus zusammenhängen.

Pyrethrum als Kontaktallergen und “Pyrethrumasthma”

Neben den neurotoxischen Wirkungen des Pyrethrums und der Pyrethroide soll die lokale Wirkung von Pyrethrum als Kontaktallergen nicht unerwähnt bleiben. Sie wird möglicherweise durch Verunreinigungen mit Sesquiterpenlactonen verursacht.

In der Arbeitsmedizin ist auch ein “Pyrethrumasthma” bekannt.

Der Vergleich “Pyrethrum – Pyrethroide” zeigt hier anschaulich, dass Naturstoffe nicht automatisch “gut” und künstlich hergestellte Stoffe nicht automatisch “schlecht” sind.

Belastung mit Pyrethroiden

Im Folgenden soll anhand einiger typischer Anwendungssituationen aufgezeigt werden, welche gesundheitlichen Auswirkungen eine Pyrethroidbelastung haben kann. Dabei sollte allerdings berücksichtigt werden, dass kommerzielle Mittel neben Pyrethroiden in der Regel noch weitere Wirkstoffe, sowie Lösemittel und Zusatzstoffe enthalten, die ebenfalls gesundheitsrelevant sein können. Über (denkbare) Wechselwirkungen der Wirkstoffe untereinander ist bisher wenig bekannt. Schließlich dürfen die Dauer der Exposition und die Menge der tatsächlich aufgenommenen Wirkstoffe/Schadstoffe nicht außer acht gelassen werden.

Pyrethroide in Holzschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln

Siehe auch Informationen zu Holzschutzmitteln. Nach dem Einsatz von pyrethroidhaltigen Schädlingsbekämpfungsmitteln im häuslichen Innenraum haben einige Anwender über gesundheitliche Beschwerden berichtet. Das Bundesgesundheitsamt bzw. das BgVV ist diesen Berichten 1993 in einer an Prof. Altenkirch vergebenen Studie nachgegangen. Neben der Tatsache, dass es sich oft um Fehlanwendungen der Mittel gehandelt hat, wurde folgendes festgestellt:

  • “Von insgesamt 23 untersuchten Patienten hatten 9 eine klinisch gesicherte völlig andersartige Diagnose, die keinen Zusammenhang mit einer Pyrethroid-Exposition aufwies.
  • In 8 Fällen wurde ein typisches Beschwerdebild, das heute in der Umweltmedizin als “vielfache Chemikalien-Überempfindlichkeit” (MCS = Multiple Chemical Sensitivity) bezeichnet wird, diagnostiziert.
  • Für 6 Fälle kann ein Zusammenhang zwischen den aufgetretenen gesundheitlichen Beschwerden und einer Pyrethroid-Exposition als wahrscheinlich angenommen werden.
  • Die vorliegenden Ergebnisse ergeben insgesamt keine Hinweise für eine langzeitige Erkrankung des peripheren und/oder zentralen Nervensystems durch Pyrethroide.”

In einer weiteren Studie (BMBF & IVA, 2001) wurde dem Fall zweier Probanden nachgegangen, die nach Deltamethrinanwendung im Innenraum über gesundheitliche Beschwerden berichtet hatten. Kurze Zeit nach der Schädlingsbekämpfungsmaßnahme beobachteten die Probanden ein Kribbeln, Jucken und Brennen der Haut sowie Trockenheit im Mund. Diese Symptome sind nach Einschätzung der Fachleute mit der Pyrethroidanwendung in Zusammenhang zu bringen. Nach 3 – 7 Tagen verschwanden sie wieder. In einem anderen Fall traten trotz hoher Pyrethroidbelastung des Körpers keine Symptome auf. Dies spricht dafür, dass nicht allein die Höhe der Belastung, sondern auch die individuelle Empfindlichkeit eine Rolle spielt.

Die genannte Studie kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:

“Nach einer Schädlingsbekämpfungsmaßnahme steigt die Pyrethroidkonzentration im Hausstaub und in der Raumluft erkennbar an, fällt im Laufe eines Jahres nahezu wieder auf die Ausgangswerte zurück. Die Pyrethroidkonzentrationen in der Raumluft bleiben stets sehr niedrig. Da die Luft der Hauptpfad für die Aufnahme der Pyrethroide ist, ist nur eine geringe Belastung der Bewohner zu erwarten. Die Konzentration von Pyrethroid-Metaboliten im Urin steigt nach einer Schädlingsbekämpfungsmaßnahme vorübergehend leicht an. … Pyrethroidspezifische Symptome können vereinzelt bei Deltamethrin beobachtet werden, sind aber nur von kurzer Dauer. … Beim Nervensystem der untersuchten Personen ergibt sich durch eine Pyrethroidbelastung in Innenräumen kein Hinweis auf eine neurotoxische Wirkung. Wichtige Parameter des Immunsystems weisen nach einer Schädlingsbekämpfungsmaßnahme keine abnorme Veränderungen auf. [Allerdings] besteht weiterer Forschungsbedarf.”

(BMBF & IVA 2001).

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse hat das BgVV der Bundesregierung Vorschläge für gesetzliche Regelungen unterbreitet, die den Umgang mit pyrethroidhaltigen Schädlingsbekämpfungsmitteln im Haushalt betreffen. Ein Ziel ist es, künftig zu verhindern, dass Langzeitpyrethroide in Verbraucherhand gelangen.

Pyrethroide und Elektroverdampfer

In Elektroverdampfern werden Wirkstoffplättchen durch einen elektrischen Widerstand erwärmt. Auf diese Weise geben sie den Wirkstoff permanent an die Raumluft ab. Meist enthalten die Plättchen einen Pyrethrumextrakt oder die Pyrethroide Transfluthrin bzw. Bioallethrin. Elektroverdampfer sollten eigentlich nur verwendet werden, um bereits im Raum befindliche Insekten zu beseitigen, wobei der Raum anschließend gut gelüftet werden muss. In der Praxis werden die Verdampfer jedoch vielfach auch “zur Vorbeugung” eingesetzt.

Angesichts unschädlicher Alternativen (Fliegengitter, Moskitonetze) ist vom Einsatz der Geräte im Innenraum abzuraten. Insbesondere gilt das für ihre Nutzung in Kinder- und Schlafzimmern.

Pyrethroide und Kopflausmittel

Das sporadische Auftreten von Kopfläusen stellt den Arzt vor therapeutische Probleme: Insektizide können kaum nebenwirkungsfrei sein, wird doch von ihnen eine akute Giftigkeit – zumindest für die Parasiten – erwartet. Bei dem üblicherweise angewendeten Mittel (“Goldgeist forte”) handelt es sich um gereinigten 25%igen Extrakt aus Pyrethrumpflanzen. Entsprechend der hierzu vorliegenden Firmeninformation erfolgt praktisch keine Resorption über die Haut.

Die Firmeninformation weist darauf hin, dass krebserzeugende oder erbgutschädigende Wirkungen beim natürlichen Pyrethrum nicht bekannt sind, und eine Anreicherung von Pyrethrum im Nervengewebe oder Gehirn nicht stattfindet. Pyrethrumextrakte und allethrinhaltige Präparate sind wirksam, und sie sind vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die Behandlung, auch von Kindern, zugelassen. Sie sind wegen der geringen Resorption der Anwendung von Lindan-haltigen Mitteln vorzuziehen, da aus diesen nachweislich Lindan in messbaren Mengen über die Haut resorbiert wird (ohnehin sind seit 2008 Arzneimittel auf Lindanbasis – Jacutin Gel, Infectopedicul Lindan Gel und Delitex Haarwäsche N Gel – nicht mehr zugelassen).

Zur Kopflausbehandlung kommen auch alternative Möglichkeiten in Betracht. Ausführliche Informationen hierzu finden Sie auf Allum unter “Kopflausbefall – Diagnose und Therapie”.

Autor/innen: Dr. M. Otto | Prof. K. E. von Mühlendahl    Zuletzt aktualisiert: 13.01.2024

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