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Skabies (Krätze)
Skabies (Scabies), auch Krätze genannt, ist eine parasitäre Hauterkrankung. Nachdem Krätze in Deutschland lange Zeit als fast ausgestorben galt, ist seit 2013 und insbesondere seit 2015 eine deutliche Zunahme der Erkrankungen zu verzeichnen.
Verursacht wird die Krätze von der Milbe Sarcoptes scabiei variatio hominis (Krätzmilbe). Die weiblichen Krätzmilben bohren sich in die Oberhaut (Epidermis) des befallenen Menschen und legen in den winzigen Milbengängen (caniculi) Kot und ihre Eier ab.
Symptome der Krätze
Als Reaktionen des Immunsystems treten nach drei bis sechs Wochen Bläschen, Vesikel, Papel, Pusteln, Blasen, Quaddeln und Infiltrationen auf.
Der starke, vor allem nächtliche Juckreiz verführt die Betroffenen zum Kratzen. Das kann infizierte Krusten, Kratzwunden und Furunkel zur Folge haben.
Krätze findet sich in allen sozialen Schichten. Nach den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes dürfen betroffene Patienten bei einem Krankheitsverdacht keine Gemeinschaftseinrichtungen besuchen oder dort arbeiten.
Krätzemilben
Krätzemilben gehören – wie Hausstaubmilben und Zecken auch – zu den Spinnentieren. Weibliche Skabiesmilben (Sarcoptes scabiei variatio hominis) werden 0,3 bis 0,5 mm groß und sind manchmal mit bloßem Auge als schwarzer Punkt erkennbar. Die Begattung mit der kleineren, männlichen Milbe (0,21 bis 0,29 mm) findet an der Hautoberfläche statt. Die männlichen Milben sterben nach der Begattung ab.
Die weiblichen Milben graben tunnelförmige Gänge in die Hornschicht (Stratum corneum) der Oberhaut und bleiben 30-60 Tage lebensfähig. Pro Tag legen sie 2-3 Eier, aus denen nach 2-3 Tagen Larven schlüpfen. Außerhalb des Körpers können Skabiesmilben nicht länger als 48 Stunden überleben.
Bei Patienten mit einem gesunden Immunsystem finden sich meist nicht mehr als 10-12 Milben am Körper. Patienten, die ein schwächeres Immunsystem haben, wie sehr junge oder alte Menschen sowie Personen mit Vorerkrankungen wie AIDS, können mit mehr als 1 Million Milben besiedelt sein. Diese Krankheit heißt dann Borkenkrätze, Scabies crustosa oder Scabies norvegica.
Wie wird Skabies (Krätze) übertragen?
Krätzemilben verbreiten sich am ehesten bei direktem länger andauerndem Hautkontakt, z.B. beim Stillen, Kuscheln, Schlafen in einem gemeinsamen Bett und bei Geschlechtsverkehr. Eine kurze Berührung, etwa beim Händeschütteln, reicht für die Übertragung von Krätzemilben meist nicht aus. Mit Krätzemilben infizierte Patienten sollten bis zum Abschluss ihrer Behandung (siehe: Scabies-Therapie) engen Hautkontakt mit nicht infizierten Personen strikt vermeiden.
Symptome der Krätze
Als Leitsymptom zeigt sich ein starker, quälender Juckreiz, der insbesondere in den späten Abendstunden und in der Nacht auftritt. Als Reaktionen des Immunsystems zeigen sich Bläschen (Skabies bullosa), Pusteln, Vesikel, Krusten, Knoten, Hautrötungen und -verkrustungen. Erhält der Patient eine immunsuppressive Therapie (z.B. eine Creme mit Glucocorticoid zur Behandlung eines akuten Neurodermitisschubes), werden auch die Immunreaktionen auf die Skabiesmilbe unterdrückt und es sind nur wenige Symptome sichtbar.
Die Milbengänge sind mit einer Lupe oder einem Auflichtmikroskop als längliche, komma- oder bogenförmige Papeln (Knötchen) zu erkennen. Klassische Hautareale, an denen die Gänge zu finden sind, sind die Finger- und Zehenzwischenräume, am Bauchnabel, in der Leiste, im Achselbereich, Brustwarzen und Warzenvorhof, am Penisschaft und in der Analregion.
Bei Säuglingen und Kleinkindern, deren Haut noch dünner ist, treten die Symptome auch an den Handflächen, den Fußsohlen und im Rückenbereich auf.
Auf den ersten Blick sehen die Symptome bei Säuglingen und Kleinkindern einer atopischen Dermatitis (Neurodermitis) ähnlich. Daher ist eine sorgfältige Diagnostik erforderlich.
Gemeinschaftseinrichtungen häufig betroffen
In Mitteleuropa kommt die Skabies besonders bei Kindern, Eltern, Pflegepersonal und immunsupprimierten Personen vor.
Epidemien treten typischerweise in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten, Wohnheimen, Obdachlosenasylen, Gefängnissen, Altersheimen und Krankenhäusern auf. In Altersheimen und Krankenhäusern beginnt die Epidemie meist durch einen infestierten (“infizierten”) Patienten, an dem sich das Pflegepersonal ansteckt. Das Pflegepersonal infestiert dann andere Patienten. Die infestieren Patienten sind meist durch Medikamente, Alter oder Krankheit (AIDS) immunsupprimiert. Werden die Epidemien in Gemeinschaftseinrichtungen nicht schnell erkannt und bekämpft, nimmt die Zahl der Erkrankten rasch zu.
Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit etwa 300 Millionen Menschen von einer Skabies betroffen sind. Häufigkeitszahlen für einzelne Länder liegen nicht vor. In Flüchtlingslagern und bei Straßenkindern ist die Skabies eine endemische Erkrankung.
Bei alten, multimorbiden Menschen, die in einer Pflegeeinrichtung leben, gewinnt Skabies zunehmend an Bedeutung.
Meldepflicht
Für die Skabies besteht eine Meldepflicht gemäß § 34 des Infektionsschutzgesetzes bereits bei einem begründeten Verdacht, sofern der Betroffene eine Gemeinschaftseinrichtung (Kindergarten, Schule, Altenheime, Krankenhäuser, etc.) besucht oder dort arbeitet.
In diesem Fall muss der Patient bzw. dessen Sorgeberechtigter die Leitung des Hauses informieren. Diese muss unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt benachrichtigen.
Diagnose
Da sich die ersten Symptome erst nach ca. vier Wochen zeigen, ist der nächtliche Juckreiz ein wichtiger Hinweis. Krätzemilben mögen es warm, daher findet man sie häufig in Achseln, in der Leistengegend, im Anal- und Genitalbereich, aber auch zwischen den Fingern und Zehen. An den befallenen Stellen ist oftmals eine Hautrötung erkennbar, es bilden sich Bläschen, Knötchen und Pusteln. Oftmals ist der Juckreiz so stark, dass Betroffene sich kratzen, wodurch Bläschen platzen können und die verletzte Haut sekundär von Bakterien besiedelt werden kann.
Zur Sicherung der Diagnose ist eine eingehende Untersuchung durch einen (Haut)arzt notwendig. Einige Arztpraxen verfügen über sogenannte Auflichtmikroskope, mit denen der Arzt die Haut des Betroffenen begutachten kann. Vergrößert werden hier die Milbengänge und auch die Milben selbst werden sichtbar.
Gelegentlich gelingt es, eine Milbe mit einer Kanüle aus dem Milbengang zu extrahieren. Über spezielle mikroskopische Verfahren kann der geübte Arzt die Skabiesmilbe erkennen. In einem anderen Verfahren werden mit einem speziellen sogenannten „scharfen Löffel” die obersten Hautschuppen abgeschabt und ebenfalls unter dem Mikroskop begutachtet.
Durch die Hauterscheinungen und möglichen Superinfektionen sind die Milbengänge manchmal schwer zu finden. Dadurch kommt es gelegentlich zu Falschdiagnosen. Daher kann es in Ausnahmefällen nötig sein, in einem kleinen operativen Eingriff eine Hautprobe zu entnehmen und diese histologisch untersuchen zu lassen.
Therapie
In der Regel ist eine äußerliche Behandlung ausreichend. Als Mittel der Wahl gilt Permethrin. Permethrin ist ein Insektizid und Akarizid aus der Gruppe der Pyrethroide. Es wird abends in fünfprozentiger Konzentration in einer Creme aufgetragen. Dabei wird im Sinne der Leitlinie folgendermaßen vorgegangen:
- Kürzen Sie Ihre Finger- und Fußnägel.
- Duschen Sie sich gründlich und trocknen Sie sich ab. Das Handtuch geben Sie anschließend in die Wäsche (60°C).
- Tragen Sie die Creme auf den gesamten Körper auf. Denken Sie dabei vor allem auch an die Zehen- und Fingerzwischenräume, Hautfalten, Brustwarzen, Achselhöhlen, den Bereich hinter den Ohren sowie die Nabel-, Leisten- und Analregion!
- Lassen Sie die Creme/Lotion über Nacht acht bis zwölf Stunden lang einwirken und duschen Sie danach erneut. Benutzen Sie ein frisches Handtuch zum Abtrocknen.
- Waschen Sie Bettwäsche, Handtücher und alle benutzen Bekleidungsstücke bei mindestens 60°C. Wäsche, die diese Temperaturen nicht verträgt, muss in einem geschlossenen Plastiksack über vier Tage im Tiefkühlfach gelagert werden.
- Polstermöbel und Matratzen müssen einmalig gründlich abgesaugt werden. Da die Milben ohne Menschenkontakt nicht länger als 2-3 Tage überleben können, hilft es auch, die betroffenen Möbelstücke über vier Tage nicht zu benutzen.
- Personen, die im engen Kontakt mit dem betroffenen Patienten stehen, sollten vorsichtshalber auch dann behandelt werden, wenn bei Ihnen keine Symptome vorliegen.
- Nach der oben beschriebenen, einmaligen Behandlung ist der Patient nicht mehr ansteckend und kann Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen.
- Zur symptomatischen Behandlung der Hautentzündung, kann der Arzt zusätzlich eine kortisonhaltige Creme verordnen.
Neben Permethrin stehen auch andere Skabizide/Akarizide als “Mittel zweiter Wahl” zur Verfügung: Allethrin, Benzylbenzoat, Crotamiton und Ivermectin. Allerdings ist Ivermectin nicht in Deutschland zugelassen und muss über eine Auslandsapotheke importiert werden. Bei einer gesundheitlichen Notlage, wie sie zuletzt im September 2015 in Hamburg aufgetreten ist, kann das Bundesministerium für Gesundheit eine Ausnahmegenehmigung erteilen.
Während der Stillzeit sollen Ivermectin und Benzylbenzoat nicht verwendet werden.
Schwefel (Sulfur praecipitatum) als Skabizid ist nach neueren Erkenntnissen nicht ausreichend wirksam.
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Literaturquellen
- Altmeyer, P., & Paech, V. (2011): Enzyklopädie Dermatologie, Allergologie, Umweltmedizin. Berlin: Springer-Verlag.
- Bundesministerium der Justiz. (28. Juli 2011): Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen. www.gesetze-im-internet.de/ifsg/ (zuletzt aufgerufen im März 2018).
- Robert Koch-Institut (Juni 2016): Krätzmilbenbefall (Skabies). RKI-Ratgeber für Ärzte. www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Skabies.html (zuletzt aufgerufen im März 2018).
- Hengst, M., & Ott, H. (2012): Skabies. Differenzialdigagnosen des Atopischen Ekzems (2). Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis , 15 (2), S. 24-26.
Autor/innen: J. Linnemann, M. Sc. Zuletzt aktualisiert: 13.01.2024