Bestimmung der Quecksilberbelastung

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Bestimmung der Quecksilberbelastung

Analytik

Quecksilber kann mit Hilfe der Kaltdampf-Atomabsorptionsspektrometrie selektiv und mit hoher Empfindlichkeit in Umweltproben, Körperflüssigkeiten und Gewebsproben analysiert werden. Es sind weitere Verfahren bekannt (beispielsweise die Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma, die Neutronenaktivierungsanalyse und die inverse Voltammetrie), diese sind jedoch deutlich aufwändiger.

Biomonitoring

Wie hoch die Quecksilberbelastung des Körpers ist, kann anhand von Urin-, Blut- oder Haarproben bestimmt werden (“Human-Biomonitoring”). Der gelegentlich im Zusammenhang mit der amalgambedingten Quecksilberzufuhr angeführte Speicheltest ist für diesen Zweck ungeeignet und kann höchstens Auskunft über die Qualität der Amalgamfüllungen geben.

Quecksilber im Blut

Bei der Analyse des (Voll)-Blutes wird das Gesamtquecksilber gemessen, es werden also anorganische und organische Quecksilberverbindungen erfasst. Da anorganisches Quecksilber im Blut eine vergleichsweise kurze Halbwertszeit besitzt, können hier vor allem Aussagen über aktuelle oder nur kurz zurückliegende Belastungen gemacht werden.

Quecksilber im Urin

Die Analyse des Quecksilbers im Urin erfasst selektiv die Belastung mit anorganischem Quecksilber, da organische Quecksilberverbindungen über den Stuhl ausgeschieden werden. Bei hoher Belastung – etwa bei Menschen mit vielen Amalgamfüllungen – wird anorganisches Quecksilber zusätzlich über den Stuhl ausgeschieden (Schweinsberg 2002). Die Quecksilberkonzentration im Urin unterliegt tageszeitlichen Schwankungen. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, sollte die Quecksilberbestimmung daher im 24-Stunden-Sammelurin oder zumindest im Morgenurin erfolgen. Der Urin sollte in Polyethylengefäßen gesammelt werden, da Glasgefäße unter Umständen Quecksilber absorbieren und so die Messwerte verfälschen können.

Der Mobilisationstest unter Verwendung eines Komplexbildners (meist DMPS, gelegentlich auch DMSA) erbringt keine Erkenntnisse, die über die normale Quecksilberbestimmung im Urin hinausgehen. Die Urinuntersuchung ist auch ohne Mobilisation empfindlich genug, um eine mögliche Quecksilberbelastung zu erkennen.

Quecksilber im Haar

Organisches Quecksilber wird sehr gut in die Haarwurzel eingebaut, anorganisches Quecksilber dagegen nicht. Daher ist der Quecksilbergehalt des Haares ein gutes und selektives Maß für die Belastung mit organischem Quecksilber. Über eine streckenweise Analyse des Haars lassen sich auch länger zurückliegende Belastungen zuverlässig ermitteln.

Die Quecksilberkonzentration im Haar liegt etwa 250 bis 350fach über den entsprechenden Blutwerten. Allerdings ist die Qualitätskontrolle von Bestimmungen des Organoquecksilbergehaltes im Haar bisher schwierig, und es liegen noch keine Referenzwerte vor. Schließlich muss sichergestellt werden, dass eine von außen stammende Verunreinigung des Haars nicht erfasst wird.

UNEP zitiert im Bericht “Global Mercury Assessment” unter Punkt 201 eine “Benchmark dose” (BMD) in Höhe von 10 Mikrogramm Gesamtquecksilber pro Gramm mütterliches Haar als statistisch definierten Schwellenwert für erste neurologische Auffälligkeiten bei den Kindern dieser Mütter (Einzelheiten: siehe a.a.O.).

Empfehlungen zum Biomonitoring

Die nachfolgende Tabelle gibt Empfehlungen dazu, welche Körpermedien bei typischen umweltmedizinischen Belastungssituationen untersucht werden sollten.

  Vollblut Urin Haar Speichel

Elementares Quecksilber

Beispiel: zerbrochenes Fieberthermometer

+ +

Dentalamalgame

Beispiel: Amalgamfüllungen

(+)  Fischverzehr verfälscht! + – (*)

Anorganische Quecksilbersalze

Beispiel: Vergiftung mit Sublimat

+ +

Organisches Quecksilber

Beispiel: starker Fischkonsum

+ (+)

+ geeignet   (+) bedingt geeignet   – ungeeignet 
(*) der Speicheltest sagt höchstens etwas über die Qualität der Amalgamfüllungen aus


Selen:
Das essentielle Spurenelement Selen ist in der Lage, Quecksilber in Form eines Quecksilber-Selen-Eiweißes zu binden und damit in eine toxikologisch unwirksame Form zu überführen.

Die optimale Selenzufuhr liegt bei 1 Mikrogramm Selen pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. In Deutschland wird sie nach einer Schätzung der Kommission Human-Biomonitoring jedoch nicht erreicht. Risikogruppen mit Neigung zu einem ernährungsbedingten Selenmangel sind unter anderem reine Vegetarier (Veganer), Alkoholiker (bei einseitiger Ernährung), Patienten mit diätetischen Beschränkungen, Dialysepatienten und Hungernde.

Durch starke Blutverluste, Nierenschäden oder durch sehr langes Stillen geht dem Körper Selen verloren. Auch hierdurch kann ein Selenmangel entstehen. Insbesondere bei diesen Personengruppen ist es daher sinnvoll, neben der Quecksilberbelastung auch den Selenstatus zu überprüfen. Hierfür wird der Selengehalt des Blutserums gemessen.

Bewertung: Referenz- und Humanbiomonitoring(HBM)-Werte

Die persönlichen Quecksilber-Biomonitoring-Werte können sowohl mit Referenzwerten als auch mit sogenannten HBM-Werten verglichen werden. Referenzwerte geben an, wo die obere Grenze der “allgemeinen Grundbelastung” in der Bevölkerung zum Zeitpunkt der Untersuchung liegt. Sie sagen nichts über eine mögliche Gesundheitsgefährdung aus, helfen aber, überdurchschnittlich belastete Personen zu identifizieren.

Die Kommission Human-Biomonitoring hat ausgehend vom Umwelt-Survey 1990/92 und dem Kinder-Umwelt-Survey 2003/2006 folgende Referenzwerte für Quecksilber festgelegt:

  Urin (Mikrogramm pro Liter) Urin (Mikrogramm pro Gramm Kreatinin) Vollblut (Mikrogramm pro Liter)
Kinder und Erwachsene, ohne Amalgam 1,0*
Kinder (3-14 Jahre), Fischkonsum bis 3x pro Monat, ohne Amalgam 0,4 0,8
Erwachsene (18-69 Jahre), Fischkonsum bis 3x pro Monat, ohne Amalgam 1,0 2,0

(*) mit Amalgamfüllungen kann der Wert mehrfach höher sein (ca. vierfach, bei schlechten Füllungen auch höher). Bei Überschreitung der Referenzwerte sollte der gemessene Wert mit den HBM-Werten verglichen werden.

Für die Einschätzung möglicher gesundheitlicher Auswirkungen hat die Kommission Human-Biomonitoring ein HBM-Wert-Konzept entwickelt.

Der HBM-I-Wert entspricht derjenigen Konzentration eines Umweltschadstoffes, bei deren Unterschreitung eine gesundheitliche Beeinträchtigung nach aktuellem Wissensstand nicht zu erwarten ist. Bei Überschreitung des Wertes sollte die Messung überprüft und ggf. nach der Quelle gesucht und diese saniert werden.

Der HBM-II-Wert ist ein Interventions- oder Maßnahmenwert. Wird er überschritten, ist eine relevante gesundheitliche Beeinträchtigung möglich. Daher sollte der Betroffene entsprechend umweltmedizinisch betreut werden, und es sollten umgehend Maßnahmen ergriffen werden, um die Exposition zu verringern.

Die Kommission Human-Biomonitoring hat für Quecksilber folgende Werte festgelegt:

  Untersuchungs-medium HBM-I-Wert HBM-II-Wert
Kinder und Erwachsene Urin** 5 Mikrogramm pro Gramm Kreatinin (7 Mikrogramm pro Liter Urin) 20 Mikrogramm pro Gramm Kreatinin (25 Mikrogramm pro Liter Urin)
Kinder und Erwachsene* Vollblut*** 5 Mikrogramm pro Liter 15 Mikrogramm pro Liter

* abgeleitet für Frauen im gebärfähigen Alter. Die Anwendung wird auch für die anderen Gruppen empfohlen.
** Beurteilung der internen Belastung mit anorganischem Quecksilber.
*** Beurteilung der Belastung mit anorganischem und organischem Quecksilber.

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Autor/innen: Dr. M. Otto | Prof. K. E. von Mühlendahl    Zuletzt aktualisiert: 13.01.2024

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