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Diagnostik bei Schimmelpilzbelastung und Schimmelpilzallergie

Mit der 2016 erschienenen AWMF-S1-Leitlinie “Schimmelpilze – Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen” gibt es jetzt eine umfassende Zusammenstellung der wissenschaftlichen Kenntnisse zur „Gesundheitlichen Wirkung von Schimmelpilzen und einheitliche Empfehlungen zum diagnostischen Vorgehen bei gesundheitlichen Beschwerden, die mutmaßlich auf Schimmelpilzkontakt zurückzuführen sind“.

Mit der „Leitlinie soll Ärzten eine Hilfe an die Hand gegeben werden, Patienten, die erhöht gegenüber Schimmelpilzen exponiert sind (umgangssprachlich: „Schimmelpilzbelastungen“), aus medizinischer Sicht zu beraten und zu behandeln.“ Sie bietet ein detaillierte Darstellung der möglichen Gesundheitsprobleme und deren jeweiliger sinnvoller Diagnostik.

Hervorzuheben sind u.a. die 18 Kernbotschaften der Leitlinie, die gleichzeitig die Kernempfehlungen der Leitlinie erhalten. Die Stärke der jeweiligen Empfehlung wird durch folgende Begriffe ausgedrückt: starke Empfehlung: “soll”; Empfehlung: “sollte”; offene Empfehlung: „kann.

Die 18 Kernbotschaften der Leitlinie seien hier zitiert (ergänzt durch Links zu den genannten Quellen soweit verfügbar):

Die Problematik von Schimmelpilzexpositionen im Innenraum bedarf einer Versachlichung.

  1. Schimmelpilzbefall in relevantem Ausmaß darf in Innenräumen aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden. Zur Beurteilung des Schadensausmaßes sei auf den „Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen“ des Umweltbundesamtes verwiesen. Eine überarbeitete Fassung des UBA-Schimmelpilzleitfadens wird voraussichtlich in 2016 erscheinen.
  2. Die wichtigsten Maßnahmen bei Schimmelpilzexpositionen im Innenraum sind Ursachenklärung und sachgerechte Sanierung (siehe Schimmelpilzsanierungsleitfaden oben und die Handlungsempfehlung für die Sanierung von mit Schimmelpilzen befallenen Innenräumen des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg.
  3. Schimmelpilzmessungen im Innenraum aus medizinischer Indikation sind selten sinnvoll. In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelpilzbefall sowohl auf eine quantitative als auch auf eine qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden. Vielmehr sind die Ursachen des Befalls aufzuklären, anschließend sind Befall und primäre Ursachen zu beseitigen.
  4. Schimmelpilzexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (Mucous Membrane Irritation, MMI), Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen. 
  5. Spezielle Krankheitsbilder bei Schimmelpilzexposition betreffen Allergien und Schimmelpilzinfektionen (Mykosen).
  6. Es ist eine ärztliche Aufgabe, in Fällen eines vermuteten Zusammenhangs von Feuchteschäden oder Schimmel in Innenräumen und gastrointestinalen oder renalen Erkrankungen, Reproduktionsstörungen, Teratogenität oder Krebserkrankungen zu versachlichen.
  7. Besonders zu schützende Risikogruppen sind:
    a) Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI)
    b) Personen mit Mukoviszidose (Zystischer Fibrose)
    c) Personen mit Asthma bronchiale
  8. Das Risiko für die Entwicklung eines Asthmas („Etagenwechsel“) ist erhöht bei:
    a) Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis
    b) Patienten mit allergischer Rhinosinusitis
    c) Patienten mit Utopie
  9. Vermutlich sind alle Schimmelpilze geeignet, Sensibilisierungen und Allergien hervorzurufen. Im Vergleich zu anderen Umweltallergenen ist das allergene Potential als geringer einzuschätzen (Haftenberger M, Laußmann D et al. (2013); Heinzerling LM, Burbach GJ et al. (2009). 
  10. Atopiker (Personen mit einer Neigung zu Überempfindlichkeitsreaktionen u. a. wie allergischer Rhinitis (Heuschnupfen), allergischem Asthma, atopischer Dermatitis auf den Kontakt mit Umweltsubstanzen zu reagieren) weisen als Polysensibilisierte oft IgE-Antikörper auch gegen Schimmelpilze auf, was jedoch nicht zwangsläufig einen Krankheitswert hat. 
  11. Kernelemente der Allergiediagnostik sind die Anamnese, die Hauttestung (Pricktest) und die in vitro-serologischen Untersuchungen von spezifischen IgE-Antikörpern im Falle einer Typ I- Sensibilisierung bzw. spezifischen IgG-Antikörpern im Falle einer Exogen Allergischen Alveolitis (sehr selten bei nicht-arbeitsplatzbezogener Innenraumexposition) sowie die Provokationstestung. 
  12. Der Nachweis von spezifischem IgE bedeutet, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Dieses ist aber wie eine positive Reaktion im Hauttest genauso wenig gleichzusetzen mit einer klinisch-relevanten Allergie. 
  13. Negative in vitro- und in vivo-Testergebnisse schließen eine Sensibilisierung oder Allergie auf Schimmelpilz(e) nicht aus. 
  14. Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung und wird daher nicht empfohlen. 
  15. Lymphozytentransformationstestungen auf Schimmelpilze sind als diagnostische Verfahren nicht indiziert (Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des Robert Koch- Instituts, 2008). 
  16. Infektionen durch Schimmelpilze sind selten und erfolgen am ehesten inhalativ. In der Praxis ist von den in den Risikogruppen 2 und 3 nach TRBA 460 eingestuften Schimmelpilzen die Bedeutung von Aspergillus fumigatus als wichtigstem Mykoseerreger am höchsten. Betroffen sind ganz überwiegend Personen mit lokaler oder allgemeiner Abwehrschwäche. 
  17. Kernelemente der Schimmelpilzinfektionsdiagnostik sind mikrobiologische, immunologische, molekularbiologische und radiologische Verfahren. 
  18. Schimmelpilzallergiker und Personen mit das Abwehrsystem schwächenden Erkrankungen sollten über die Gefahren von Schimmelpilzexpositionen im Innenraum und über Maßnahmen zur Prävention sachlich aufgeklärt werden und derartige Expositionen minimieren.

Die Leitlinie enthält Kapitel zur Diagnostik bei Schimmelpilzallergien (Seite 34ff.).

Diese Diagnostik unterscheidet sich nicht grundlegend von der Diagnostik anderer allergischer Erkrankungen: „Ein schrittweises Vorgehen erfolgt unter Berücksichtigung individueller Faktoren üblicherweise nach dem klassischen Stufenschema: Anamnese/körperlicher Befund/klinische Untersuchung – Hauttest – Serumanalyse oder ergänzende in vitro-Methoden – Provokation.“

Die Diagnose einer Typ-I-Sensibilisierung erfolgt über direkten Nachweis von spezifischem IgE oder über einen geeigneten Hauttest (z.B. Pricktest oder Intrakutantest) nach den Leitlinienempfehlungen der Fachgesellschaften.

Die Diagnostik wird jedoch erschwert, da sowohl für die allergologische Hauttestung als auch für die spezifische IgE-Bestimmung nur wenige Schimmelpilzspezies zur Verfügung und nur noch wenige kommerzielle Schimmelpilzallergen-Testextrakte angeboten werden. Testallergene werden seit 2001 als Arzneimittel definiert (EU-Direktive 2001/83EC, Artikel 1(4b)). Die aufwendige Herstellung und das Zulassungsverfahren führen dazu, dass insbesondere Schimmelpilzextrakte kommerziell weniger verfügbar sind.

Gelingt der Nachweis einer Sensibilisierung (positives Testergebnis) gegenüber Schimmelpilzen muss dieses Ergebnis  bzgl. des Zusammenhangs und Ursache sehr kritisch hinsichtlich der Expositionsmöglichkeiten (ubiquitäre Außenluftexposition, Innenraumexposition, berufliche Belastung) interpretiert werden. Im Fall von Schimmelpilzsensibilisierungen gelingt es im allergologisch-umweltmedizinischen Alltag nur selten, den Kausalzusammenhang zwischen der Schimmelpilzexposition in einem Innenraum und einer hierauf zu beziehenden spezifischen Sensibilisierung und Erkrankung (Rhinitis, Konjunktivitis, Asthma) sicher zu bejahen.

Bevor aufwendige Maßnahmen als Konsequenz eines positiven Sensibilisierungsnachweises veranlasst werden, sollte die tatsächliche Relevanz eines Allergens möglichst zusätzlich durch einen Provokationstest gesichert werden. Dieser erfolgt als nasale oder bronchiale, ggf. als konjunktivale Provokationstestung unter Beachtung einschlägiger Empfehlungen der Fachgesellschaften
(dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_NasaleProvokation2002.pdf, www.dgaki.de/leitlinien/altere-leitlinien/ und www.pneumologie.de).

Zu den dabei ebenfalls wichtigen Themen der Expositionskarenz (Seite 53 ff) und und Prävention (Seite 57ff) bietet die Leitlinie Hinweise und weiterführende Links.

Detaillierte Informationen zu Allergietests finden Sie auf Allum unter “Allergietests“.

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Autor/innen: Dr. S. Schmidt    Zuletzt aktualisiert: 13.01.2024

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