Neemöl – ein wirksames Mittel gegen Hausstaubmilben?

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Neemöl – ein wirksames Mittel gegen Hausstaubmilben?

Neemöl wird aus den Samen des Neembaums (Azadirachta indica A. jus) gewonnen und zur Bekämpfung von Schädlingen eingesetzt.

Für Milbenallergiker sind Neemöl-Produkte erhältlich, die die Milbenpopulationen in Matratzen, Bettwäsche und Polstern reduzieren und so die allergischen Symptome lindern sollen.

Doch wie wirksam ist Neemöl tatsächlich als Mittel gegen Hausstaubmilben?

Der Neembaum

Der Neembaum oder Niembaum, auch indischer Flieder oder Magosa genannt, ist ein immergrüner Baum. Er gehört zur Familie der Mahagonigewächse. Der Baum stammt aus den trockenen Regionen des indischen Subkontinents, wird aber auch zunehmend in Afrika, Amerika und Australien als Nutz- oder Schmuckpflanze verwendet. Alle Teile des Baumes können zu den unterschiedlichsten Produkten verarbeitet werden.

Die pflanzlichen Auszüge (Extrakte), die aus Neem gewonnen werden, sind in ihrer Zusammensetzung sehr unterschiedlich. Das hängt davon ab, ob sie aus den Blättern, Früchten, Wurzeln oder Blüten hergestellt wurden, vom Standort des Baumes, der Jahreszeit oder dem Gewinnungsverfahren.

Das natürliche Neemöl ist eine gelbliche, stark riechende und bitter schmeckende Flüssigkeit.

Inhaltsstoffe des Neemöls

In der Literatur werden mindestens 34 Inhaltsstoffe beschrieben. Zu den wichtigsten Komponenten der Neemextrakte gehören Azadirachtin, Salaninne, Nimbin, 6-Desacetylnimbin, NIM-76 und Quercetin. Azadirachtin und auch einige andere Inhaltsstoffe der Neemextrakte zählen zur Gruppe der Terpene. Quercetin ist ein Flavonoid, Nimbin einer der Bitterstoffe in Neemöl.

Wirkung auf Schädlinge

Als wirksamste Substanz gegen Schädlinge im Neemöl haben Forscher das Azadirachtin identifiziert.

Mittlerweile sind eine Reihe von Neemprodukten auf dem Markt, deren Inhaltsstoffe standardisiert wurden und in denen Azadirachtin meist angereichert enthalten ist. Diese Öle sind farb- und geruchlos.

Ansatzpunkt des Azadirachtin ist die chemische Ähnlichkeit mit dem Ecdysteroid (Ecdysteron) der Schädlinge. Ecdysteroide sind Hormone, die unter anderem in vielen Insekten und Spinnentieren vorkommen. Sie regeln die Häutung der Tiere.

Azadirachtin stört die Chitinsynthese und damit den Aufbau des Außenskeletts von Insekten. Die Häutung kann nicht bis zum Ende ablaufen. Neemextrakte, die Azadirachtin enthalten, verhindern auf diese Weise die Entwicklung von Larven und die Verpuppung von Insekten. Bei erwachsenen Tieren wirkt die Substanz allerdings weniger.

Die Substanz wird schnell abgebaut und ist für Nützlinge weniger giftig als andere Insektizide.

Neemölextrakte als Mittel gegen Hausstaubmilben

Auf dem deutschen Markt werden Neemextrakte als Mittel gegen Hausstaubmilben angeboten. Diese Produkte enthalten Neemölextrakte in unterschiedlichen Konzentrationen.

Neempräparate können die Milbenmenge verringern. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede in der Wirkstärke, wie eine Untersuchung zeigen konnte (Rembold 2004).

In diesem 60 Tage dauernden Versuch wurden 6 Präparate in Ihrer Wirkung auf eine standardisierte Milbenpopulation von 200 Milben und 50 Eier verglichen. Während sich in der unbehandelten Probe die Milbenanzahl auf 3550 erhöhte, stieg sie bei 4 Neem-Präparaten “nur” auf 2324, 2188, 576 bzw. 533 Milben an. Bei zwei Neemölprodukten sank die Milbenzahl unter den Ausgangswert (126 und 28 Milben).

Die Neemölextrakte verändern das Fressverhalten, hemmen das Wachstum und die Fortpflanzungsfähigkeit der Milben, wenn auch verschieden stark.

Kein Präparat hatte eine wirklich milbenabtötende Wirkung, wie sie z.B. die Substanz Benzylbenzoat aufweist. Dies bestätigt die Untersuchungen von Öko-Test, die nur eine sehr begrenzte Wirksamkeit von Milbenvernichtungsmitteln aufzeigen konnte (Öko-Test 2004).

Kann Neemöl für den Menschen gesundheitsschädlich sein?

Vereinzelt gab es Fälle, in denen jemand Neemöl geschluckt und sich damit vergiftet hatte; es sollen sogar Menschen deshalb gestorben sein. Dabei handelte es sich aber meist um verunreinigte Öle, um natürliches Öl, das nicht weiter aufbereitet wurde, sowie um andere Inhaltsstoffe (etwa Nimbin und Quercetin). Vergiftungen mit der Reinsubstanz Azadirachtin, die zur Bekämpfung von Milben eingesetzt wird, sind nicht bekannt.

Wird das Neemöl in Lampen verbrannt, scheint das Einatmen der Luft keine reizende oder toxische Wirkung auf Kinder oder Erwachsene zu haben.

Die Giftigkeit von Azadirachtin und den kommerziellen Produkten aus dieser Substanz (10-prozentiger Azadirachtingehalt) wurde 1992 im Tierversuch oder anhand von Zellkulturen untersucht. Unter anderem mischte man Ratten hohe Dosen (fünf Milligramm pro Kilogramm) ins Futter und bei Albinokaninchen strich man reichlich (zwei Milligramm pro Kilogramm) auf die Haut.

Weder die Ratten noch die Albinos zeigten Vergiftungserscheinungen. Milde Hautreizungen traten bei Kaninchen auf, nachdem man ihnen die konzentrierte Substanz auf die Haut und in die Augen gegeben hatte. Auch Meerschweinchen bekamen mehrmals etwas davon auf die Haut, ohne dass sie mit einer Sensibilisierung reagierten.

Auch wenn Neemöl nach Verschlucken nicht akut giftig ist, fehlen wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit in der Langzeitanwendung (Innenraumbelastung, Allergierisiko).

Fazit

Neemöl hemmt das Wachstum und die Fortpflanzungsfähigkeit der Milben, wenn auch verschieden stark. Trotzdem bieten Neempräparate noch keinen Fortschritt für die Hausstaubmilbensanierung. Das hat folgende Gründe:

  • Die Milbenzahl nimmt nur langsam ab.
  • Die Milbenallergene bleiben, wenn nicht parallel gewaschen und gesaugt wird. Die Behandlung mit Neemöl als alleiniger Sanierungsmaßnahme ist nicht zu empfehlen. Es gibt keine “Sofortwirkung” für den betroffenen Milbenallergiker.
  • Vor allem fehlen Studien, die belegen, dass das Präparat sich positiv auf die Krankheitssymptome des Patienten auswirkt. Solche kontrollierten Langzeitstudien mit wirksamen Neemprodukten wären jedoch wichtig, um Neemölprodukte besser bewerten zu können.
  • Als erste Maßnahme zur Bekämpfung von Hausstaubmilben sollte das Bett saniert werden. Hilfreich sind hier:
    – ein spezielles Encasing (allergendichter Bezug) der Matratze und
    – das Waschen der Bettwäsche bei mindestens 60°C.

Detaillierte Hinweise zur Sanierung bei Hausstaubmilben finden sich hier.

Autor/innen: Dr. S. Schmidt | U. Voss M. A.    Zuletzt aktualisiert: 17.07.2024

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